Weihnachten 1992 – oder: Der Andy, der auszog, um das Fürchten vor dem Hype zu erlernen.

24. Dezember 2014

Liebe Kinder, gebt fein acht: Der Onkel Andy hat euch etwas mitgebracht. Ich möchte euch die Geschichte eines Jungen erzählen, wie er sein erstes Weihnachten mit seinem heiß geliebten Sega Mega Drive verbrachte.

Darf ich vorstellen: Micky Hans-Guck-in-die-Luft Maus!

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Und so begab es sich eines Tages, dass der Junge ein Magazin mit bunten Bildchen in seinen Händen hielt, in dem die neusten Spiele-Hits mit Schulnoten gepriesen wurden. Sein Augenmerk richtete sich sofort auf das quirlige und verboten schöne Jump’n’Run, das alle Welt “World of Illusion“ nannte. Ein Nachfolger zum putzigen “Castle of Illusion“ und mit Donald Duck und Micky Maus als Spielfiguren? Das musste der Junge als leidenschaftlicher Disney-Fan haben. Und prompt wünschte er es sich zu Weihnachten.

Aber vielleicht doch….

Doch der Junge war nicht dumm und erinnerte sich an die vorangegangen Jahre: Was, wenn das Spiel nicht rechtzeitig zum Fest erhältlich sei? Er machte deshalb eine kleine Liste, in der er sich weitere Spiele wünschte. Ganz unten schrieb er das Wörtchen “Quackshot“ – und sagte aber gleich seinem Vater, dass er ihm dies wirklich nur im absoluten Notfall schenken solle. Sprich: Wenn er auch wirklich gar nichts anderes von seiner Wunschliste finden würde. Zwar war auch “Quackshot“ ein hübsches Jump’n’Run mit Donald Duck in der Hauptrolle. Aber, schockschwere Not: Es war alt! Ein Jahr, um genau zu sein! Es wäre ein Jammer, wenn es am 24.12.1992 unter dem Weihnachtsbaum liegen würde.

Die Tage vergingen, der Heilig Abend rückte näher. Der Junge freute sich ganz dolle auf die Bescherung! Und in der Tat bekam er ein verpacktes Geschenk in der Größe einer Modulschachtel überreicht. Freudig nahm er es entgegen, doch sein Vater verzog seine Miene bereits zu einem „Ich muss dir was sagen…“-Gesicht. Der Junge riss das Geschenkpapier auf und fand darunter zu seinem Entsetzen kein “World of Illusion“ sondern, oh graus, “Quackshot“.

Es half kein Jammern, es half kein Weinen: Das Fest war ruiniert. Noch mehr, denn das Spiel war nicht einmal gekauft, sondern nur ausgeliehen. Der Vater ahnte nämlich bereits in weiser Voraussicht das Drama und zögerte, damals stolze 119 Mark für etwas hinzublättern, was der Sohn sowieso nicht wollte. Aber bevor er gar nichts über die Feiertage zu spielen habe, griff er zu dieser Notlösung. Auf Fragen hin, warum er kein “World of Illusion“ kaufen konnte, kam nur ein Achselzucken: Kein Laden habe es mehr im Sortiment gehabt, meinte der Vater.

Quack_1

Pointe am Rande: “Quakshot” war bereits ein Jahr alt, sah aber trotzdem besser als “World of Illusion” aus…

In seiner Not musste der Junge notgedrungen tun, was ihm übrig blieb: “Quackshot“ spielen. Und dann, meine lieben Kinder, geschah ein echtes Weihnachtswunder: Es machte Spaß! Die Grafik war toll, das Leveldesign verspielt und das Gesamtpaket dank leichter Rätsel mehr Action/Adventure, anstatt pure Hüpferei. Der Junge war völlig überrascht, denn er hatte mit so viel Freude gar nicht gerechnet. Zwar hatte auch “Quackshot“ viel Lob von den bunten Magazinen erfahren, aber wie gesagt: Das war vor über einem Jahr! Und jeder weiß doch, dass die Lust und die Sucht nach den heißesten Games bereits nach drei Wochen spürbar sinkt.

Toll, aber…

Der Junge spielte “Quackshot“ über die Feiertage durch. Und obwohl es ihm gefiel, so wollte er es nicht gekauft haben. Er gierte immer noch nach “World of Illusion“, weshalb der Vater das eine Spiel zurück zur Videothek brachte und das andere in der Tat nur wenige Tage nach der Bescherung besorgen konnte.

Und so blieben der Junge und sein “World of Illusion“ glücklich bis an ihr Lebensende. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann… halt, nein, das kann nicht sein! Oh, welch grässlichen Streich hatte sich das Schicksal nun ausgedacht? Das Spiel… es machte… keinen Spaß! Es war zwar schön, aber zu kurz, zu leicht und irgendwie lahm!

Meine lieben Kinder, was war da nur geschehen? Ganz einfach: Der Junge war betrogen worden. Er wurde geblendet von der bösen Hype-Hexe, die ihm allerlei Wundertütenspaß versprach! “World of Illusion“ hatte wenig Schuld an der Misere, denn es war im Kern ein gutes Spiel. Aber es konnte nicht der Vorstellungskraft des Jungen gerecht werden. Es verschwand im Schrank und hat seither kaum das Licht des Modulschachts erblickt. Und als einige Zeit verstrichen war, da besorgte sich der Junge reumütig ein eigenes “Quackshot“-Exemplar.

Und die Moral von der Geschicht? Hype stinkt.

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2 comments on “Weihnachten 1992 – oder: Der Andy, der auszog, um das Fürchten vor dem Hype zu erlernen.

  1. Azuris Feb 8, 2015

    *lach und was lernen wir daraus?

    • Azuris Feb 8, 2015

      Mein böses Handy hat voreilig den Text verschickt ;O
      Also was lernen wir daraus?
      Richtig, don’t believe the hype und es tut gut “verachteten” Dingen manchmal einen Blick zuzuwerfen.
      Wind Waker hab ich auf dem Gamecube argwohnisch betrachtet aufgrund der Grafik und verschiedener Kommentare.
      Auf der Wii U hab ich mich dann in das Spiel verliebt und empfinde es als deutlich eines der besten Zeldas.