THQ gibt’s nicht mehr. Und wisst ihr was? Meine Trauer hält sich in Grenzen. Diese ganze Scheinheiligkeit bei Twitter, Facebook und wo auch immer geht mir eigentlich nur auf den Keks. Klar ist es schlimm, wenn Leute ihren Job verlieren – auch gute Menschen, mit denen ich beruflich Kontakt hatte. Letztlich aber reden wir hier über die Pleite eines Unternehmens, das sich in diese Situation selbst katapultiert hat.
Als ich bei Facebook eine Grafik mit der Aufschrift „THX for 19 Years“ las, musste ich schmunzeln. Gepostet wurde das Bild bei IGN (Deutschland). Das Magazin sollte die letzten Jahre etliche Spiele getestet haben, für die ich mich jedenfalls nicht bedanken möchte. Darunter waren mit Sicherheit zahllose Titel von THQ. Ich denke an die ungenießbaren Lizenzausschlachtungen. Disney-, Nickelodeon- oder Star Wars- Marken verwendete der Konzern, um das schnelle Geld zu verdienen. Ihr glaubt gar nicht, wie viel Scheiße ich damals selbst spielen musste. Auch setzten die Verantwortlichen feine Franchises in den Sand – ich erinnere nur an „Destroy All Humans!“, “Juiced” und zuletzt „Red Faction“ (nach dem tollen “Guerrilla” ging es prompt bergab). Vermutlich ist es nur den eigenständig agierenden (THQ-)Studios zu verdanken, dass „WWE“, „Saint’s Row“ oder „Darksiders“ nicht die gleichen Schicksale ereilten. Andere Reihen, die stellenweise richtig gut waren und/oder sich halbwegs verkauften, ließ man einfach fallen, darunter “Big Mutha Truckers” (mochte ich sehr!), “Titan Quest”, “Summoner” oder “de Blob”. Tja….
Fakt ist: Bis mindestens Anfang des 21. Jahrhunderts lief es bei THQ prima. Da wurde massig Geld verdient, Entwicklerstuben eröffnet sowie eingekauft und weltweit expandiert. Ein Blick auf den Wikipedia-Eintrag macht’s deutlich: THQ ging es mal richtig klasse – und das ist nicht allzu lange her. Und dann? Größenwahn? Gierige Manager und Investoren? Falsche Produkte? Mit dem uDraw-Zeichentablet hatte die Firma schon ein ambitioniertes Gerät im Angebot, selbst kann ich mich aber gar nicht mehr an eine passende, gute Werbekampagne erinnern. Soll ich jetzt aufgrund zahlreicher Fehlentscheidungen der Chefetage bekümmert sein? Sorry, ich kann einfach kein Mitleid mit einem Unternehmen haben, das erst unglaublich viel Kohle abgestaubt hat – auch mit mieser Software – und sich dann – warum auch immer – übernahm. Letztlich hat sich vielleicht sogar die mangelnde Qualität eigener Spiele gerächt? Wer weiß?!
Allein die Liste der Studios, die THQ auf dem Gewissen hat, ist dramatisch lang. Auch hier sei auf Wikipedia verwiesen – exemplarisch seien die Kaos Studios, Blue Tongue, Big Huge Games oder die Heavy Iron Studios erwähnt. Ja, ich bin sogar heilfroh, dass die Reste von THQ aufgeteilt wurden – kommen sie hoffentlich in bessere Hände. SEGA übernimmt Relic Entertainment und damit auch „Company of Heroes“. Vielleicht fließen dann die Kenntnisse der „Total War“-Macher in die „CoH“-Fortsetzung ein? Volition mitsamt „Saint’s Row“ landet bei Kochmedia. Ich hoffe, der Planegger Laden versemmelt es nicht – ein wenig Angst habe ich um diese Entwickler schon, wenn ich so an den gescheiterten Versuch von DeepSilver Vienna denke? Das eigene Entwickler-Studio wurde nach nur einem gefloppten Spiel (“Cursed Mountain”) geschlossen. Zum Portfolio von Kochmedia (das Gaminglabel heißt übrigens DeepSilver) gesellen sich ebenfalls die Veröffentlichungsrechte von „Metro: Last Light“ – Release gesichert! Ubisoft schnappt sich „South Park: Der Stab der Wahrheit“, was in meinen Augen auch passt. Die Marke „Evolve“, von der bisher nicht allzu viel bekannt ist, kaufte Take Two für schlappe 10,9 Millionen Dollar. Ist das neue Projekt von Turtle Rock wirklich so bedeutsam? Sogar „Homefront“ konnte veräußert werden – an Crytek. Die arbeiten ja eh an der Fortsetzung, die nur besser werden kann als das Debüt. Wirklich verwirrend ist in meinen Augen nur, dass niemand Interesse an Vigil Games und „Darksiders“ hatte. Dabei hätte es doch gut zu EA oder gar Warner Bros. gepasst? So gleich mit Verfilmungsrechten und so? Ich könnte mir vorstellen, dass mit dem Kauf noch abgewartet wird, weil der Preis so hoch angesetzt war? Schauen wir mal – komplett vom Pferd ist der apokalyptische Reiter noch nicht gefallen. Platinum Games hat ja Interesse signalisiert…
Ich frage mich zwar, was mit den vielen anderen, teils alten Lizenzen geschehen ist („Destroy All Humans!“), irgendjemand wird die sich gewiss von seinem Taschengeld gekauft haben. Für iOS- und Android-Spiele?. Apropos: Als Konzern hätte THQ rechtzeitig Trends erkennen müssen. Stattdessen wurde THQ Mobile sogar 2011 verkauft.
Ja, schon klar. Ich kenne viele Hintergründe nicht, aber es ändert nichts an meiner bestimmt oberflächlichen Meinung: THQ hatte viele Chancen – und sie sichtlich nicht genutzt. Unglaublich viel Murks wurde stattdessen veröffentlicht . Es gab sogar Phasen, in denen ich THQ mit schlechten Spielen verband. Natürlich Quatsch, siehe „Saint’s Row“, „Dawn of War“, „Metro 2033“ und weitere hier genannte. Dass die letzten Veränderungen bei THQ nicht ausreichten, lag sicher nicht an dem recht kurzfristig eingesetzten CEO Jason Rubin. Der war mit seinen Ideen (“THQ Indie Bundle”, “Metro 2033” verschenken, um auf den Nachfolger aufmerksam zu machen) wenigstens am Puls der Zeit. Vielmehr dürften es die Schulden bei Gläubigern (Banken) gewesen sein, die Druck ausübten und so das Ende beschleunigten.
Ich will nicht falsch verstanden werden: Ich bedauere die Arbeitslosigkeit der Leute, die bei THQ tätig und nur Zahnräder in der Maschinerie des Spieleherstellers waren. Nur ich kann nicht trauern über ein Unternehmen, das sich selbst in die Lage manövriert und mich mit so vielen schlechten Spielen verärgert hat. Beispiele gefällig? Sucht euch welche aus – hier. Und ja, da sind auch viele tolle Games dabei, denen THQ bei PR und Marketing viel zu wenig Aufmerksamkeit schenkte….
Eure Meinung?
Neeeeein Kein “Saints Row” Teil mehr! :O
Äh, doch. Koch Media hat ja die Rechte gekauft.
Sag dass das nicht wahr ist, bitte als treuer Leser eurer Seite, das kann nicht sein.
Was so schade an der Pleite ist, ist dass Jason Rubin alles dafür getan hat, die Fehler seines Vorgängers rückgängig zu machen. Die Chefetage von THQ bestand ja nun aus komplett anderen Leuten, als zu UDraw-Zeiten.
Und unter deren Management hat sich THQ sehr, sehr gut gemacht – die Spiele, die sich dort momentan in Entwicklung befanden bezeugen das mehr als deutlich. Deswegen bin ich schon sehr traurig, dass sich THQ nicht noch ein halbes Jahr über Wasser halten konnte um dann mit dem Relase dieser Titel den Neustart abschließen zu können.
Ja, das hatte ich im Text auch schon angedeutet. Sehe das genauso – man hätte ihm ruhig etwas mehr Zeit geben sollen. Gerade seine kurzfristigen Maßnahmen fand ich schon sehr cool und zeitgemäß….
Das halbe Jahr hätte auch nicht mehr geholfen. Der Todesstoß waren die schleppenden Verkäufe von Darksiders 2. Ich hatte mich kurz vor der Gamescom mit einem PR-Manager eines anderen Publishers über THQ unterhalten. Der sagte damals schon, dass der Release im Sommer gleichzeitig zur Gamescom sehr unglücklich gewählt war. Leider hat er Recht behalten.
Das Problem mit Titeln wie Darksiders (2) ist, dass sie zwar ganz nett aber eben keine “must have’s” sind. Denn selbst der größte Hardcore-Zocker schafft es nicht, alle “wichtigen” Titel zu spielen. Ich selbst lasse z.B. Assassin’s Creed, Darksiders und Batman Arkham völlig links liegen. Sie interessieren mich zwar, aber (für mich) gibt es halt etliche thematisch wesentlich interessantere Titel.
Ich mochte viele der THQ Reihen, ich liebte die beiden Summoner Games und konnte nie nachvollziehen, warum die Reihe nicht fortgesetzt wurde.
Ähnlich wie bei Darksiders gilt jedoch bei etlichen THQ Titeln, sehr interessant aber nur mäßig umgesetzt. Nehmen wir Juiced 2, das Ding hätte damals DAS Rennspiel werden können – und was ist? Keine Gamepad-Unterstützung auf PC! Todesstoß!!! Über die vielen Unzulänglichkeiten bei Saint’s Row müssen wir gar nicht erst sprechen. Und auch Darksiders hat mit seinem “Todd McFarlane in quitschbunt” so seine Designprobleme. Auch Homefront, Red Faction und etliche andere Titel gehören eher in die Kategorie “nett gemeint aber schlecht umgesetzt”. Sie alle hätten in höchste Spielspaßwertungsregionen aufsteigen können, wenn man ihnen etwas mehr Feinschliff angetan hätte. Einzig die UFC-Reihe wusste in den letzten Jahren wirklich zu überzeugen. Allerdings war der Unterschied, insbesondere grafisch, bei jeder Fortsetzung so gering, das nur wenig Anreiz bestand einen der Nachfolger zu kaufen.
Zum Thema Feinschliff gibt es auf Polygon.com einen interessanten Artikel über Homefront: http://www.polygon.com/2012/11/1/3560318/homefront-kaos-studios-thq
Danke für den tollen Link! Ich habe den riesigen Artikel von Anfang bis Ende verschlungen.
Die Probleme von Kaos und THQ, die einfach mehr vom Kuchen abgebissen haben, als sie verdauen konnten, sind sicherlich nicht einmalig.
Der Artikel hingegen zeigte mir, dass das ist, was ich gerne in Spielezeitschriften lesen möchte. Keine Werbe-Interviews mit viel Blabla sondern investigative Hintergrundberichte über die Branche. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich das Buch “Nintendo Game Boy” verschlungen habe. Ob das alles immer stimmt, was in solchen Reportagen steht? Ich glaube nicht, da ist immer viel “urban legend” mit drinnen, bzw. klingt alles viel dramatischer als es letztlich war. Aber das macht nichts. Man wird involviert, bekommt Eindrücke, wie es wirklich hinter den Kulissen zugeht.
Gerade im Fall Kaos ist z.B. interessant, das große EA Manager es waren, die Homefront überhaupt gerettet und zur Veröffentlichung gebracht haben. Ich lese immer viele Kommentare im heise-Forum aber auch in vielen anderen, dass Manager keine Ahnung haben, viel zu viel Geld verdienen und das sie, als (IT-) Fachleute das alles viel besser könnten. Ich denke dann immer, dann kommt sowas bei raus wie Linux oder Gimp oder Open Office. Viele talentierte Leute, die keine Ahnung haben was der Kunde will, ihre Resourcen verschleudern und schließlich nichts Halbes und nichts Ganzes auf die Reihe bekommen. Man kann nicht einem Mod-Entwickler und Hobbyisten einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand drücken und sagen: Nun mach mal! Das geht zu 99,999 Prozent voll in die Hose. Vielleicht hat der Manager keine Ahnung von Programmierung, aber das ist schließlich auch nicht sein Job. Und die Programmierer sollten nicht immer so überheblich sein und meinen ohne (leitende) Hand alles besser zu können. Sie können es nicht, wie die großen Open Source Projekte leidvoll zeigen (auch wenn es keiner wahrhaben will).
Da muss ich auch mal einhaken, denn da wird fuer mich auch zu sehr ueber einen Kamm geschoren, bei dem das Management dann meistens hinten runterfaellt!
Es ist klar, dass in der heutigen Struktur der Computer- und Videospielindustrie die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht. So ist das nun mal, wenn sich eine ehemalige Subkultur zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren im Entertainment-Bereich gemausert hat. Und das war ja letztlich auch das Ziel, als man irgendwann mal herausgefunden hatte, dass man mit Spielen einen neuen Markt erschliessen kann.
Damit das alles in rechten, wirtschaftlichen Bahnen laeuft, ist ein gutes Management unerlaesslich, denn mit den alten Prinzipien eines “Garagen-Entwicklers” lassen sich keine Millionen-Produktionen mehr finanzieren. Natuerlich bleibt dabei die Kreativitaet auf Dauer ebenso auf der Strecke wie in Hollywood, aber letztlich haben wir Spieler alle dazu beigetragen, dass die Gesetze der Wirtschaft nun auch fuer unser Lieblingshobby gelten und das auch in Zukunft tun werden. Die Indy-Szene wird als Gegenbewegung eine Dauererscheinung bleiben, wie sie das in anderen Entertainment-Sektoren auch tut, aber die “Mainstream”-Produktionen werden nicht so einfach verschwinden und einem rein unabhaengigen Markt Platz machen.
Schlechtes Management wird denn auch bestraft, wie man wohl aktuell am Beispiel von THQ merkt. Gutes Management wird aber meistens nicht herausgestellt, sondern da sind es haeufig die idealisierten Entwickler, die zum Erfolg massgeblich beigetragen haben. Deren Wichtigkeit fuer ein Gesamtprodukt moechte ich ihnen auch nicht absprechen, aber es gehoert mittlerweile einfach mehr dazu, erfolgreich eine AAA-Produktion auf den Markt zu schmeissen – und das ist eben die Aufgabe des Managements!
Wer die aktuelle “Retro” mal aufschlaegt, sollte sich den lohnenswerten Bericht von Robert Bannert ueber Abstuerze in Computerspielen mal durchlesen. Der ist naemlich mehr eine Suche nach Gruenden fuer vermehrtes Fehlerauftreten geworden, denn eine blosse Auflistung von prominenten Bug-Beispielen. Und auch da wird die signifikante Bedeutung des Managements fuer den Entwicklungsprozess von Grossproduktionen sehr anschaulich dargestellt.
Toller Artikel. Schön, dass jemand nicht nur betrauert, dass eine Firma den Bach runtergeht, sondern hier auch objektiv versucht, die Hintergründe zu beleuchten.
Auch wenn es um jede Firma und jeden Arbeitsplatz schade ist – aber leider ist das Ende in den meisten Fällen verdient gewesen. Gründe dafür gibt es viele.
Und sehen wir es so: Wenn eine Firma stirbt werden dafür mindestens zwei neue aufgemacht – gerade im Spielebusiness!
Naja THQ hat zu meiner PS1 Zeit noch ganz gute Spiele rausgebracht… Aber seit langem hat man nur noch “Mist” von denen bekommen. Ich hoffe ein paar andere Firmen schnappen sich die eine oder andere Franchise und machen wieder gute Spiele daraus!