The Avengers: Drei Regeln für die Superheldensause

29. April 2012

Mission erfüllt. Der TV-Produzent, Drehbuchautor und Regisseur Joss Whedon (“Firefly”) gelingt gleich mit seinem ersten Blockbuster “The Avengers” der große Wurf. Dabei gibt es ein paar ganz simple Gründe für den Erfolg.

The Avengers: Da dürfte kein Fan meckern. (Bild: Walt Disney)

“The Avengers” ist der siebente Film in der Marvel-Kinosaga. Inhaltlich schließt er mehr oder weniger direkt an “Thor” und “Captain America” an. Objekt der Begierde ist hier wie dort das sogenannte Tesseract, ein Energie-Artefakt von enormer Macht. Thors Stiefbruder Loki (Tom Hiddleston) verbündet sich mit den außerirdischen Chitauri, um es zu stehlen und die Erde unterzujochen. Logischerweise haben die Menschen etwas dagegen, und Nick Fury (Samuel L. Jackson) und seine Geheimorganisation S.H.I.E.L.D. nehmen den Kampf auf. Dazu muss er aber die größten Superhelden vereinen und trifft bald auf Probleme. Iron Man (Robert Downey Jr.) will lieber Party machen, Captain America (Chris Evans) hat Liebeskummer, Thor (Chris Hemsworth) zieht sein eigenes Ding durch und der Hulk (Mark Ruffalo) leidet unter Verfolgungswahn. Schlussendlich raufen sich alle aber zusammen und die Bösen werden zurückgeschlagen.

Für Comic-Fans ist der Film ein Muss, Quereinsteiger sollten vor den Kinobesuch unbedingt die Vorgänger anschauen. Wer nämlich hier mit wem und wie verbandelt ist, wird nicht erklärt. Kurz, hier wird großes Nerdkino geboten. Deshalb gibt es drei Tipps für angehende Superheldenverfilmer:

1. K.i.s.s.

Keep it short and simple. Eben wie in einer guten Fernsehserie. Es mag verlockend sein, über schizophrene Strumpfhosenträger zu dozieren, die ihre inneren Dämonen im Kampf gegen das Böse überwinden, aber bei rund 10 Superhelden wird das Ganze unnötig kompliziert. Also, schön geradlinig bleiben. Heb dir Schwermut und düstere psychologische Seeleneinblicke für dunkle Rächer auf.

Fernseherfahrung ist deshalb nützlich. Jede Figur braucht nur eine Geschichte, aber die muss knallen. Deshalb muss der eine Rächer lernen, sich für andere zu opfern und der andere muss sein Schicksal akzeptieren. Wichtig: Keine Überraschungen oder sogenannte “geniale” Ideen! Du machst hier erweitertes Community-Management und der Shitstorm, weil du einen Helden vom Thron stößt, ist den Ärger nicht wert. Anders ausgedrückt: Das Klischee ist dein Freund.

Überfordere die Fans auch nicht mit visuellen Spielereien. Denk an Ang Lee: Kunstvolle Splitscreens braucht kein Mensch – so etwas kann ich schließlich im Comic lesen! Ein paar schöne Bildideen reichen, ein bisschen Zeitlupe und bei Gesprächen reicht auch Schnitt/Gegenschnitt. Hauptsache die Bilder sind scharf und die Frisuren und Kostüme kommen gut zur Geltung.

Scarlett Johanson spielt auch mit, aber sie hat nur eine gute Szene. Nun gut. (Bild: Walt Disney)

2. Guck alte Western!

Am besten die von Howard Hawks. Der war nämlich der Meister der Badass-Zweckgemeinschaft. Sieh dir “Rio Bravo”, “Red River” und “El Dorado” an, bis du sie auswendig kennst. Darin gab’s nur coole Typen, die zwar mal auch halbseitig gelähmt waren, aber ihre Problemchen mit ‘nem Schluck Whisky und gezielten Schüssen vergessen haben. Es ist schließlich nur Kino! Lass deshalb bloß die Finger von John Ford. Egal wie viele schöne Filme der Mann gedreht hat – Schwermut und Lebenszweifel sind nix für eine Superheldensause (siehe Regel Nr. 1).

Auch nicht vergessen: Humor. Howard Hawks war nämlich auch ein Meister der Screwball-Comedy. Sicher, bei den ganzen Explosionen in einem Superheldenfilm bleibt wenig Zeit für zwischenmenschliche Gespräche. Wenn es dann aber doch dazu kommt, halt das Tempo hoch. Die Dialoge sollten nur so durch den Raum fliegen. Da hilft es schon, wenn du einen zynischen Milliardär, einen unverbesserlichen Patrioten und einen verkappten Shakespeare-Gott dabei hast. Ernst nehmen kann man das Trio sowieso nicht und der Witz kommt von ganz allein.

Iron Man und Captain America. BFF. (Bild: Walt Disney)

3. Smash!

Das ist kein Shakespeare im Park! Lass den Anspruch im Popcornbecher und hol die ganz großen Knarren raus. Denn nur mit denen lässt sich eine Welteroberung gut inszenieren. Also eher “Marvelypse now”. Blitz und Donner, Energiestrahlen und die Bösen dürfen auch mal mit riesigen fliegenden Wurmdrachen (?) ankommen. Am Ende löst du das Problem aber auf gute amerikanische Weise mit einer Bombe. So viel Patriotismus muss sein!

Wenn du das alles als Filmemacher berücksichtigst, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Zumindest meistens. Mit diesen drei Regeln umgehst du das ungeschriebene Gesetz, das mehr als drei Superhelden jeden Film kaputtmachen. Dann stört es nicht, dass die Geschichte nur grob gestrickt ist und dass der Bösewicht alles andere als charismatisch ist. Wenn dann alles in Schutt und Asche liegt, die Aliens pulverisiert sind und die Guten sich in den verdienten Urlaub begeben, weißt du: Das war klasse. Und ja, es hilft, wenn man einen Hulk dabei hat.

Ohne den Hulk wäre der Film nur halb so gut. ( Bild: Walt Disney)

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4 comments on “The Avengers: Drei Regeln für die Superheldensause

  1. Heute gesehen und Whedon hat mich nicht enttäuscht. Ich weiß schon, warum ich den Mann als Director und Writer verehre: Das Ding sprüht voller Witz und Selbstironie. Alle Helden hinterlassen richtig Eindruck, keiner kommt zu kurz – und selbst in der deutschen Synchro spürt man ihre Stärke, die sich nicht nur auf’s draufhauen beschränkt.

    Nur so nebenbei: Ich hab von den anderen Marvel-Filmen so gut wie keinen gesehen – und die Handlung von Iron Man 1 sowie Thor bereits wieder halb vergessen. Mich fixt die Thematik auch eigentlich gar nicht an. Aber da steckt dann eben wieder die Kunst von Whedon dahinter, dass auch ich trotzdem Captain America oder den Hulk “verstehe”. Klar, es sind zig Anspielungen drin, die ich vielleicht mit mehr “Fach”-Kenntniss besser verstanden hätte. Aber für den “The-Avengers”-Plot reicht es völlig aus, was Whedon zeigt – eben weil sowohl Protagonisten wie Antagonisten sehr markant rüber kommen, ohne dabei in eine lächerliche Klischeekiste zu rattern.

    Was freu ich mich auf meinen zweiten Kino-Besuch, dann natürlich im OT.

    • Altairre Mai 6, 2012

      Ich habe es genau andersherum gemacht und mir erst die OV angeschaut und die deutsche Fassung. Insgesamt hat mir die Synchro ziemlich gut gefallen, nur die Stimme von Loki ist im Original um ein Vielfaches besser und das alte Englisch von Thor und Loki konnte man auch nicht richtig übersetzen.

      Insgesamt fand ich den Film richtig gut und ich würde sogar sagen, dass es das beste Kinoerlebnis war, das ich je hatte (die OV). Es gab sogar Applaus am Ende des Films, sowie trotz vollbesetzten Saals keine Störungen wie Handyklingeln, Popcorngeknister oder lauten Unterhaltungen.

      Die Blu-Ray wird mir auf jeden Fall ins Haus kommen, ich hoffe auf einen extended cut.

  2. Je flacher die Story, desto einfacher erreicht man wohl die kritische Publikumsmasse. ;) Ich fand mich ganz gut unterhalten vom Film, aber letztendlich sind es nur 2 winzig kleine Szenen (Hulk’s kurzer Wutausbruch und der bissige Dialog-Battle zwischen Iron Man und Captain America), die haengen geblieben sind. Wenn es nach dem Box Office geht, dann haben die Avengers gewonnen, wenn es aber nach meinem Herzen geht, dann ist es Batman. Beide Teile haben es bis jetzt geschafft, richtige Atmosphaere (Spannung, Beklemmung, Drama, Entsetzen) aufzubauen und ich hoffe, dass es der abschliessende Teil auch wieder schafft (worauf die Trailer schon ein wenig einstimmen).