Sorry, Leute. Ich kann nicht verstehen, warum ihr bei “South Park: Der Stab der Wahrheit” jetzt die Kunstkeule herausholt. Sicher, soweit ich weiß gibt es im Spiel zahlreiche satirische Elemente, aber das reicht nun mal nicht aus, um daraus Kunst zu machen. Ihr könnt euch drehen und wenden, aber offiziell zählen Computerspiele in Deutschland nicht als Kunst. Warum also die Aufregung? Wenn die Ampel rot ist, bleibt ihr auch auf einer großen Kreuzung und wartet, bis sie auf grün wechselt.
So offenbart sich nur mal wieder die Heuchelei in der Branche. Erst jahrelang davon labern, dass Spiele nur Spaß machen sollen – und dann eine Analsonde als Ausdruck moderner Kunst sehen? Wie soll ich das denn deuten? Bei guter Satire sollte einem das Lachen im Hals stecken bleiben, also keinen Spaß machen. Ich muss zugeben, dass ich jetzt etwas verwirrt bin.
Ich meine, “Spieleprofis” bewerten Spiele mit einer Zahl. Einer Zahl, die Eindeutigkeit vorgaukelt. Dummerweise ist Kunst das Gegenteil von Eindeutigkeit. Es lebt von seinen Interpretationsmöglichkeiten. Nicht umsonst ist das Verständnis von Kunst eine sehr persönliche Sache.
Jetzt, bei “South Park: Der Stab der Wahrheit” mit dem Schlagwort “Kunst” um sich zu werfen, ist deshalb etwas albern. Versucht erst einmal ein Spiel in seinen kulturellen Kontext zu setzen und erklärt, warum das nun satirisch ist oder nicht. Kurz, erklärt euren Lesern, warum ein Spiel Kunst sein kann. Das hat nicht unbedingt etwas mit schöner Grafik zu tun. Aber ok, ist schwierig, weil ihr euch ja erst durch Pixeldichte, Auflösung und Gameplay arbeiten müsst. Da muss das Tiefgründige natürlich etwas zurückstecken.
Am Ende wird dann wieder eine Zahl herausspringen. Da wird es im Spielewarentest weniger um amerikanische Prüderie, fanatische Gottesfürchtigkeit, Rassismus und unterdrückte sexuelle Triebe gehen. Solche Themen könnten ja verstören, verärgern oder überfordern. Soll ja alles nur Spaß machen. Logisch.
Update
Grundsätzlich vermisse ich in den Berichten zum Spiel den Kontext. “South Park” ist komplexer, als viele denken und mehr als nur cooler Fäkalhumor. Auf vielfachen Wunsch ein paar Links zum Thema:
Die PC Games fordert Gleichberechtigung, erklärt aber nicht warum.
Für Gameswelt.de ist das Spiel ein “Quell der Freude”. Obszöner und perverser Humor wird kommentarlos als toll dargestellt. Kann alles stimmen, aber wieso eigentlich?
Australien scheint in der Diskussion um Gewalt in Computerspielen nicht unbedingt weiter zu sein als Deutschland.
Wat?
In deinem Artikel vermischt sich für meinen Geschmack zu viel. Natürlich ist SouthPark ein kreatives Werk und damit künstlerisch als solches zu betrachen. Wer das lustig findet, was den Figuren wo reingeschoben wird oder wer das anstößig findet, hat damit doch überhaupt nichts zu tun und schon gar nicht mit der Diskussion, ob das nun “Kunst” sei.
Der “Kunst”-Begriff war in diesem Kontext relevant wegen der verfassungswidrigen Symbole (und nicht auf Grund der Analsonden).
Stimmt, da vermischt sich viel: Jugendschutz, Wertungsdiskussion, journalistisches Selbstverständnis…
Der Kunst-Begriff war schon in dem Moment relevant, als es um die Schnitte, wie z. B. die Analsonde ging. Ubisoft hätte dann nämlich mit dem Hinweis auf die Serie argumentieren können und hätte vermutlich auf die Schnitte verzichtet. Die HK-Diskussion ist nur die Spitze des Eisbergs.
Hä?
Also ganz im ernst, ich versteh nicht so recht worum es hier geht. Wärest du so freundlich den Kontext zu verlinken, falls es einen gibt?
Naja, ich lese ständig von Ungleichbehandlung usw. In meinen Augen ist das eng mit dem Kunstbegriff verknüpft. Aber ja, Links wären gut ;-)
Ich kann es halt einfach nicht mehr lesen, dass Computerspiele und Filme gleichbehandelt werden sollen, damit auch dort der “Kunstvorbehalt” usw. greift. Das wäre schön, ist es aber nicht. Da finde ich es sehr heuchlerisch, dass plötzlich einzufordern ohne überhaupt bei der Leserschaft für das nötige Verständnis zu sorgen.
Gerade dieses Spiel ist perfekt, um die Diskussion zu führen. Southpark war sich noch nie zu schade, um sich über alles lustig zu machen, was nur möglich ist. Und gerade durch seine Darstellung kann The Stick of Truth punkten. In meinen Augen war noch nie ein Lizenztitel so nah an der Originaldarstellung. Du schaust keine Southparkfolge, du spielst sie. Der Übergang ist sogar fließend, da es einen offiziellen Prolog in der Serie gibt (Staffel 17, Folgen 7-9).
Wieso ist da jetzt ein Unterschied zwischen Computerspiel und Film?
@Hamrath: Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es wäre schön, wenn Computerspiele und Filme als gleichwertig angesehen werden! Ich finde es aber sehr heuchlerisch von den meisten “Fachmedien”, dies in der täglichen Berichterstattung (Tests usw.) regelmäßig zu ignorieren, aber in Fällen der Zensur plötzlich hervorzukramen.
Das kommt in deinem Text aber leider nicht wirklich rüber.
@Hamrath Das scheint wohl so zu sein. Allerdings spreche ich im Text ja deutlich die Spielejournalisten bzw. Rezipienten an. Insofern stimmte die Richtung – die Ausarbeitung war anscheinend nicht transparent genug ;-).
Okay, wenn du das jetzt so sagst, dann steht der Text in einem anderen Licht. ;) Aber das solltest du vielleicht wirklich etwas deutlicher machen. Ich habe mich als “Gamer” schon mit “Spieleprofi” identifiziert und den Artikel eher auf Kommentare anderer Gamer zu dem Thema bezogen.
Ich selbst hatte den Artikel schon richtig verstanden und auch gut kapiert, in welche Richtung er geht. Vermutlich fehlen jetzt wirklich noch 1-2 Verlinkungen, um deutlicher zu machen, was gemeint ist. ;)
Sorry, Andreas. Aber bei dem Artikel greifst du daneben. Es geht nicht darum, dass eine Analsonde Ausdruck moderner Kunst ist. Southpark will keine Kunst sein, es hat sicherlich nicht mal den Anspruch (es gibt sicherlich Spiele, die viel eher dazu geeignet sind).
Es geht darum, dass Hakenkreuze in allen anderen (andere? Dazu komme ich gleich noch) Kunstformen mehr oder weniger problemlos dargestellt werden dürfen, bei Computerspielen aber immer ein Fass aufgemacht wird – vor allem, wenn es eindeutig um Satire geht (Nazi-Zombie-Kühe anyone?). Und weil sich augenscheinlich das ein oder andere Hakenkreuz in der deutschen Version befindet, wurde die komplette Charge zurückgerufen. Die berechtigte Frage lautet: Warum darf die tägliche n.tv-Doku über “Hitler’s Fußpfleger” oder Parodien wie switch’s “Obersalzberg” (die Parodie auf Stromberg) problemlos Hakenkreuze zeigen, ein FSK18 Computerspiel aber nicht?
Es stimmt übrigens nicht, dass Computerspiele nicht als Kunst gelten. Seit 2008 spricht sich der Deutsche Kulturrat dafür aus, sie als Kunst zu akzeptieren. Warum Hakenkreuze immer noch aus Spielen gelöscht werden? Möglicherweise, weil Publisher die Kosten und Mühen scheuen, die sich aus einer möglichen Gerichtsverhandlung ergeben würden. Da ist die Zensur eben einfacher und preiswerter.
Ich glaube schon, dass South Park Kunst sein will, zumindest wenn du Satire als Kunstform ansiehst.
Und nein, Computerspiele gelten in Deutschland offiziell nicht als Kunst. Da kann ein Deutscher Kulturrat noch so viel sagen – der Gesetzgeben sieht das anders. Das mag zwar ein Schritt in die richtige Richtung sein, aber darüberhinaus fehlt es doch an weiterer Unterstützung aus der Kulturszene. Da sehe ich auch den Spielejournalismus in der Bringschuld. In einem Interview sagte mir der damalige Leiter der USK, Klaus Spieler, dass Spielejournalisten auch ein Qualitätsbewusstsein schaffen müssen. Dabei haben sie in meinen Augen versagt.
Die Analsonden-Szenen sind übrigens nicht aus Angst vor Zensur geschnitten. In der PC-Version sind diese ja auch noch drin, auch in Deutschland. Warum Ubisoft die selbständig zensiert hat vor der Einreichung weiß bisher keiner so genau außer die Jungs und Mädels bei Ubi selber.
Ja, das ist auch so eine Frage: Warum PC uncut und Konsole nicht? Mittlerweile vermute ich, dass es auch mit den “internen” Jugendschutzrechtlinien von Microsoft und Sony zusammenhängen könnte. Bin mal gespannt, ob wir das je erfahren werden.
Das Problem ist meiner Einschätzung nach nicht, dass in Deutschland zensiert werden muss, sondern das es u.U. Probleme geben könnte. Auch mal, um ein Grundsatzurteil zu schaffen, sollten Publisher halt mal so einen Titel ungeschnitten hier auf den Markt schmeißen. Aber vor Gericht klagen kostet halt Zeit und Geld. Bis so ein Fall geklärt wäre, wäre das Spiel schon lange kalter Kaffee. Also fahren die Publisher die sichere Schiene. Mit staatlicher Zensur hat das alles jedoch nichts zu tun.
Und was Australien angeht, es ist nun wirklich keine Neuigkeit, dass die dort im Bezug auf Games völlig am Rad drehen und fast noch weniger gestatten wie China. Da haben wir es hier richtig gut gegen.