Shogun vs. Warhammer: Der Krieg der Systeme

25. April 2011

Größer geht’s nicht. Das Genre der Echtzeitstrategie, kurz RTS, strebt immer nach dem Absoluten: totaler Krieg, totale Weltherrschaft, totale Vernichtung. Bis Anfang dieses Jahrzehnts war diese Spielprinzip eine Gelddruckmaschine für den PC. Starcraft, Age of Empires oder  Empire Earth sind heute allerdings Relikte aus einer vergangenen Zeit, denn mit dem Konsolenboom ging es mit dem Genre bergab. Umso verwunderlicher ist es, dass es in den letzten Wochen mit “Total War: Shogun 2” und “Dawn of War 2: Retribution” gleich zwei Lebenszeichen gab.

Es hat natürlich Gründe, warum Echtzeitstrategen heute kaum noch Futter für ihren PC bekommen. Zu kompliziert, umständliche Steuerung, null Emotionen – so lauten einige Vorurteile. Meist haben die Kritiker auch Recht. Mit einem Gamepad ist die Steuerung einer ganzen Armee inklusive Mikromanagement nahezu unmöglich, und einige Versuche wie “Halo Wars” oder “R.U.S.E.” sind zwar löblich, aber letztendlich keine Konkurrenz für Maus und Tastatur. Auch Komplexität und das Fehlen jeglicher Gefühle sind in einer Zeit, in der alles leichter und zugänglicher gemacht wird, zuverlässige Hinweise für garantierte Ladenhüter. Zudem verschließt sich das Genre schon immer neuen Ideen und wenn, dann sind sie nur von Fans zu erkennen. Für Neueinsteiger sieht ein RTS aus wie das andere: Basen bauen, aufrüsten, Gegner vernichten. Betrachtet man es zynisch, sind Strategiespiele nicht besser als die Zinnsoldatenschlachten unserer Urgroßväter und ziemlich uncool. Redet man heute von Echtzeitstrategie, meint man in erster Linie “Starcraft”…und dann kommt lange Zeit nichts.

Total War: Shogun 2 – Epische Schlachten im Japan des Mittelalters.

Bei “Total War : Shogun 2” kann man wunderbar fast alle Klischees über das Genre  belegen. Allein bei der ersten Belagerungsmission im Tutorial dürften Anfänger verzweifeln. Dabei ist das Spiel kein Nischenprodukt, sondern Teil einer der letzten erfolgreichen Strategiespielreihen. Seit knapp zehn Jahren schickt Creative Assembly die Feldherren in den totalen Krieg. Das Erfolgsgeheimnis ist so simpel wie genial: Neben den aufwändigen 3D-Schlachten mit Tausenden von Soldaten, kann man auch bequem in Rundenmodus spielen und den Computer die Schlachten “auswürfeln” lassen. So haben die britischen Entwickler ihre Fans durch die Jahrhunderte gejagt, die Wikinger vertrieben, das römische Reich ausgebaut und den amerikanischen Bürgerkrieg geschlagen. Alles für den PC und einmal gab es mit “Spartan: Total Warrior” einen Ableger für die Konsole. Die Spielereihe war meist historisch korrekt, selbst für Profis fordernd und in den Schlachten ziemlich spektakulär. Allerdings kann es das einfallslose Spielprinzip nicht verdecken, denn es geht immer nur um die Vernichtung des Gegners. Die Schlachten mögen zwar anspruchsvoll sein, aber irgendwann kennt man die meisten Konstellationen und abwechslungsreiche Missionen sucht man vergebens. Das kommt allerdings bei den Fans nach wie vor an, und “Shogun 2” ist so etwas wie “Community Management”.

Das Szenario kehrt zurück zum allerersten “Total War: Shogun”. Die Spieler müssen versuchen, das Japan des Mittelalters als Shogun zu erobern. Im Gegensatz zum direkten Vorgänger “Empire” wurde das Spielprinzip aber wieder entschlackt. Forschung oder die Seeschlachten spielen sich einfacher und stattdessen sollen Spezialeinheiten wie “Ninja” oder “Kampfmönche” das altbackene Spielprinzip aufpeppen. Außerdem können die Spieler mit ihrem General Erfahrungspunkte sammeln und neue Fähigkeiten gewinnen. Das sind nette Rollenspielideen, die motivieren, aber sonst hat sich kaum etwas geändert. Logisch, die Anhänger könnten mir jetzt die ganzen “Verbesserungen” an den Kopf werfen, mit denen “Shogun 2” ja so anders als der Vorgänger ist. Aber für mich herrscht bei “Total War” Stillstand. Einziger Lichtblick ist der Onlinemodus, in dem man als General mit anderen Spielern um die Weltherrschaft kämpft und sich nach oben “levelt”. Trotzdem ist das Spiel meilenweit von den Innovationsschüben des Vorgängers “Empire” entfernt. Same procedure as every year – das ist zwar spannend und anspruchsvoll, aber auch ziemlich ideenlos.

Die inszenierung der Schlachten ist eine der großen Stärken von “Total War”

Etwas anders verhält es sich mit “Dawn of War” von Relic. Der erste Teil sah auf den ersten Blick wie ein Starcraft-Mod aus, entpuppte sich aber schnell als rasantes Strategiespektakel. Die einzige Hürde, die man nehmen musste, war das gewöhnungsbedürftige Szenario: “Warhammer 40K”. “Man erträgt es nur mit einer ordentlichen Portion Ironie”, sagte mir mal ein Verkäufer bei “Gamesworkshop”. Die Firma produziert seit Jahrzehnten die Tabletop-Vorlage zu “Dawn of War” und begeistert mit dem “Warhammer” -und dem “Warhammer 40K”-Universum über eine Million Spieler weltweit. Während es im Erstgenannten um schräge Duelle in einer Fantasywelt geht, schlagen sich im Zukunftsszenario von “40K” Menschen, Orks und Aliens gegenseitig die Köpfe zu Brei. Grundsätzlich kennt dieses Spieleuniversums nur Superlative, denn wo in anderen Spielen von hunderttausenden Opfern geredet wird, sind es hier Milliarden. Schlagwörter wie Krieg, Heldentod und Genozid sind an der Tagesordnung. Und wer es kritisch betrachtet, sieht in diesem Blut und Ehre-Szenario nur so etwas wie “Landser in Space”.

Spielentwickler Relic kümmerte das wenig und erschuf für “Dawn of War” die Geschichte der Blood Ravens, eines sagenumwobenen Ordens der Space Marines. Während diese die Hauptrolle in der Einzelspieler-Kampagne übernahmen, gab es in im Mehrspieler-Modus dank einiger Addons die volle Packung. So konnten die Spieler nahezu jede Fraktion im “40K”-Universum spielen. Die Folge: “Dawn of War” war wahrscheinlich die letzte erfolgreiche Einführung einer RTS-Marke. Viele Entwickler ruhen sich normalerweise auf solchen Lorbeeren aus – siehe Creative Assembly oder Blizzard – aber nicht so Relic. 2009 geschah nämlich etwas sehr Ungewöhnliches, denn die Marke erfand sich neu. Aus dem relativ konservativen Spiel wurde eine Mischung aus RTS und Rollenspiel. Ebenso wie bei “Total War” kann man dabei alles auf ein simples Erfolgsprinzip zurückführen: Looten und Leveln. Das mag taktisch keineswegs so anspruchsvoll sein, wie bei Creative Assemblys Historienschlachten, aber es motiviert ungemein.

Dawn of War 2: Retribution. Wenn es etwas derber sein darf.

“Retribution” greift eine gute alte Tradition der Reihe auf, denn offiziell ist es nur ein Addon, aber tatsächlich bietet es mehr Inhalt als so manches Hauptspiel. Das heißt aber auch, dass alles ist beim Alten geblieben ist und wer “Dawn of War 2” schon nicht mochte, wird hier ebenso enttäuscht Schlauchlevel, Hektik und wenig Tiefgang vorfinden. Dafür gibt es Tempo, Action und Spektakel. Das Missionsdesign verzichtet fast vollkommen auf die optionalen Missionen der Vorgänger und setzt ganz auf eine lineare, aber dafür sehr dynamische Kampagne. Außerdem kann man jetzt mehr Fraktionen als die Space Marines spielen und ein bisschen Basenbau betreiben. Fans dürfte es vor allem freuen, das jetzt endlich die Inquisition Einzug in “Dawn of War 2” hält.

Ob man sich jetzt für “Shogun 2” oder “Retribution” entscheidet, ist Geschmackssache. Creative Assemblys Historien-Gemälde ist etwas für Genießer, die sich auch nicht von der komplexen Spielmechanik abschrecken lassen. “Retribution” ist dagegen ein Adrenalin-Gemetzel – dreckig, schnell und laut. Die Abenteuer als Shogun sind außerdem länger und befriedigen am Ende der Kampagne jedes Allmachtsgefühl. Bei “Retribution” ist das eher egal, das nächste Gemetzel liegt bei “40 K” sowieso schon in der Luft.

Wir verlosen ein Exemplar des Spiels “Total War: Shogun 2” für den PC. Am Gewinnspiel kann jeder teilnehmen, der folgende Frage beantwortet:

Wie hieß der einzige Konsolenableger von Total War?

Die richtigen Antworten schickt ihr an am_at_polygamia.de. Die Alternative ist ein konstruktiver Kommentar zum Spiel hier auf Polygamia.de unter diesen Zeilen! Der Einsendeschluss ist der 02.05.11, 23.59 Uhr. Viel Erfolg!

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2 comments on “Shogun vs. Warhammer: Der Krieg der Systeme

  1. Hab den ersten Total War Teil gespielt früher und kam mit der komplexität damals gar nicht klar. Von Taktik war bei mir damals auch nochcniht die rede, aber Spaß hat es trotzdem gemacht, auch wenn ich relativ schnell verzweifelt bin.

    Dawn of War hab ich sehr gerne gespielt. Um ehrlich zu sein mag ich eherlinear gehaltene Spiele, die mir ein wenig die Richtung vorgeben. Ansonsten fühl ich mich mal gern etwas verloren und weiß nicht was ich machen soll. Ging mir zB. bei Fallout so!

  2. Altairre Mai 16, 2011

    Ich habe die Dawn of War Reihe seit dem ersten Teil gespielt und Dawn of War ist auch meine favorisierte Echtzeit-Strategie Reihe. Die großangelegten Schlachten, die tollen Kampfanimationen, das düstere Space-Fantasy Universum.
    All das waren Aspekte, die mich damals angesprochen haben und die ich auch heute noch gut finde. Die Add-Ons waren auch allesamt super und am Ende hatte man eine geradezu lächerlich große Auswahl an Völkern und zudem einen Haufen erstklassiger Mods, in denen verdammt viel Arbeit und Herzblut steckte.

    Umso gespannter war ich auf den zweiten Teil, ich hatte ihn mir auch vorbestellt. Aber DoW2 sollte bei mir einfach nicht klicken. Ich fand das neue, auf kleine Squads ausgerichtete Kampfsystem nicht wirklich gelungen, es fehlte die Faszination des ersten Teils. Das Loot Prinzip fand ich nicht generell schlecht, aber es hat mich auch nicht besonders motiviert bzw. mir mehr Anreiz gegeben DoW2 zu spielen. Chaos Rising habe ich dann auch übersprungen, es nicht einmal getestet.

    Retribution hat dann aber kürzlich wieder mein Interesse geweckt und das System von Retribution unterscheidet sich wohltuend von DoW2 und soweit ich weiß auch Chaos Rising. Relics Entscheidung, die Möglichkeit zu geben die Kampagne mit allen Völkern durchzuspielen ist richtig und auch wichtig, denn Space Marines hängen mir wirklich zum Halse raus. Außerdem ist der Fokus auf Helden viel stärker ausgeprägt und Helden sind mächtiger – bei bestimmten Völkern ab einem bestimmten Zeitpunkt dann sogar übermächtig. Das rein (naja, zumindest fast) heldenbasierte Spiel, war dann wieder interessanter in meinen Augen, das Fähigkeitssystem wurde entschlackt und am Ende hat es mir einen Mordsspaß (welch passendes aber unbeabsichtigtes Wortspiel) gemacht, mich mit meinem Chaoszauberer durch Orks zu pflügen und sie mit den neuen Fähigkeiten links und rechts aus dem Bild fliegen zu lassen.

    Wer eher auf Squads steht, kann das in Retribution auch ausleben, da Helden auch mit Elitesquads zu ersetzen sind. Diese Variante ist weniger Spezialfähigkeit lastig, dafür aber noch taktischer und ich würde sagen auch anspruchsvoller. Außerdem sind die Missionen und Schauplätze überraschend abwechslungsreich.

    Mit Retribution hat es Relic also mal wieder geschafft mich zu “fangen” und ich hoffe, dass sie an der Stelle weitermachen.

    Zu der Total War Serie kann ich nur sagen, dass ich sie respektiere, aber eher aus der Ferne. Das System eines Shogun oder Napoleon, oder wie sie alle heißen ist einfach nichts für mich und ich habe auch weder Lust noch Geduld mich darin einzuarbeiten. Da bleib ich doch lieber bei meinen RPGs und wenn es mal Strategie sein soll, dann eben DoW Retribution.

    Was bei Total War aber auch genau so genial ist, wie bei DoW1, ist der Modsupport besonders im HdR Bereich. Die Third Age Mod für Medieval ist brilliant und auch der Grund, warum ich Medieval immer noch auf der Platte habe, denn ab und zu so eine Massenschlacht zwischen Elben und Orks (nieder mit den Elben) zu kommandieren, wenigstens ab und zu, das ist schon was Feines.

    Alles in allem ist es, wie auch schon im Artikel geschrieben, eine Geschmackssache. Ihre Daseinsberechtigung ist wohl beiden Reihen nicht abzuschreiben.