Ein Märchen, ein ungleiches Team und ein verfluchtes Königreich. Alle Zutaten sind da, doch “Majin and the Forsaken Kingdom” beweist, dass guter Wille alleine nicht ausreicht.Die Erwartungshaltung an dieses Action-Adventure war groß. Die Hauptdarsteller weckten Erinnerungen an Klassiker wie “Ico” oder “Shadow of Colossus” und mein Eindruck von der Gamescom – nach Präsentation, Interview und Demo – war gut. Alles sah nach einem potenziellen Kandidaten für den Titel „Spiel des Jahres“ aus. Jetzt liegt das Spiel ausgepackt vor mir, knapp 15 Spielstunden habe ich hinter mir und etwas Ernüchterung macht sich breit. Man spürt regelrecht, dass Entwickler Game Republic krampfhaft versucht alles mit sympathischen Figuren, anspruchsvollem Leveldesign und tiefgründiger Story alles besser zu machen. Das ist spannend, fordernd und unterhaltsam, aber es wirkt oft auch wie eine sterile Versuchsanordnung.
Hundert Jahre ist es her, dass ein ehemals blühendes und fortschrittliches Reich in einer einzigen Nacht von der Finsternis umhüllt wurde. Das Volk wurde von dieser Macht verschluckt und die wenigen Überlebenden flohen in die Wüste. Zwar versuchten einige das reich wieder zu erobern, doch sie scheiterten kläglich. Jetzt hat sich der mutige Dieb Tepeu die Wachen der Finsternis ausgetrickst und sich aus einem unbekannten Grund in das Reich geschlichen. Sein Trumpf: Er kann mit Tieren reden und diese geben ihm wertvolle Tipps. Sie sind es auch, die ihn auf die Spur des Majin setzen – eines geheimnisvollen Wächters, der von der Finsternis gefangen gehalten wird. Nachdem Tepeu den Majin befreit hat machen sich beide auf, das Reich zu retten. Dabei müssen sie zunächst die Erinnerung des Majin und seine längst vergessenen Kräfte wieder herstellen um es mit der Finsternis aufzunehmen.
Das folgende Spiel ist ein Koop-Abenteuer, das man alleine spielen muss. Ihr schlüpft in die Rolle Tepeus und gebt dem Majin Kommandos: geh dorthin, warte hier, greife an. Später kann der Majin sogar Magieattacken auslösen. Das Zusammenspiel der beiden Figuren ist wichtiger als bei „Enslaved“, denn ihr werdet keinen Kampf ohne die Hilfe des Majin gewinnen und bei manchen Gegnern helfen nur Kombinationsattacken. Der Rest ist „Knobel-Design“: Fässer rücken, Hebel umlegen oder Hindernisse wegpusten. Das ist ziemlich knifflig, aber sehr altmodisch. Im Grunde genommen läuft es immer gleich ab: Ihr lauft von einem Abschnitt zum nächsten, trickst die Wachen aus und weiter geht’s. Sicher, das ist jetzt sehr vereinfacht dargestellt – es gibt Bosskämpfe, andere Gegner erfordern neue Taktiken – aber die einzelnen Abschnitte werden sehr steril präsentiert, nach dem Motto: Hier ist das Problem, also lös es. Bisweilen läuft dies sehr behäbig ab und wirkt wie die entschleunigte Variante von „Tomb Raider“.
Teilweise bewegte ich mich unter Zwang. Ich sollte das ungleiche Gespann aus quirligem Dieb und „knuffigen“ Helden lieben, ich sollte der tiefgründigen Story folgen und ich sollte wohl ehrfürchtig vor dem komplexen Leveldesign erstarren. Das kam mir oft so vor, als wollten die Entwickler zeigen, wie man alles besser macht. Dieser erhobene Zeigefinger war aber eher belehrend, als dass er Emotionen auslösen konnte. Game Republic führt durch ein Action-Adventure, das auf dem Papier alles bietet (man denke nur an die scherenschnittartigen Cut-Scenes!), aber dadurch sehr berechnend und steril wirkt, fast so wie das spielerische Gegenstück zu einem Film von Steven Spielberg. Das eigentliche Spiel wirkt wie eine Fleißaufgabe, die man bewältigen muss, um zum Ziel zu kommen. Zwar ist so einen Vorgehensweise logisch, aber es wirkt im Zusammenspiel mit allen anderen Elementen nicht homogen. Hier wird wissenschaftlich korrekt vorgeführt, wie ein Action-Adventure auszusehen hat.
Das klingt natürlich viel negativer, als es wirklich ist. „Majin“ sieht wunderschön aus, bietet neben den Kämpfen einige Kopfnüsse und das Ende entschädigt für Manches. Zudem löste es das ein, was Game Republic auf der Gamescom versprach: „Wir wollen zeigen, dass auch gewaltfreie Spiele unterhalten können“, so Studio Chef Yoshiki Okamoto. „Ein Spiel muss keine Zombies, Aliens oder Schotflinten haben, um gut zu sein“. Alleine dafür gebührt den Japanern Respekt und ich will gar nicht abstreiten, dass meine negative Kritik an meiner eigenen Erwartungshaltung liegt. Ich wollte, dass „Majin“, dieses etwas maue Spielejahr für mich „rettet“, aber nach „Enslaved“ (wobei Kollege Sven da noch mehr Hoffnungen hatte) und diversen anderen Enttäuschungen ist es das nächste Spiel, das an meiner Erwartungshaltung scheitert.