Was soll ich denn noch über „LittleBigPlanet 2“ erzählen? Es gibt nichts, was nicht in den unzähligen Testberichten diverser Zeitschriften und Onlinemagazine seziert, kritisiert und gelobt wurde. Ich müsste mich nur wiederholen, wenn ich euch ausgiebig erklären würde, dass Media Molecule ein tolles Sequel hinbekommen hat. Natürlich besitzt das aktuelle Abenteuer vom lebenden Jutesack eine nette Kampagne, mit der Solisten beziehungsweise bis zu vier Teilnehmer trotz banaler Geschichte ihren Spaß haben werden. Und selbstverständlich wurde der Level-Editor gehörig aufgebohrt, damit die riesige Community weitere Kreationen erschaffen kann. Nein, ich habe wirklich keine Lust, dies mit zahllosen Wörtern zu untermauern.
Außerdem gebe ich offen zu, mir den eigentlichen Editor nicht ausgiebig angeschaut zu haben. Wenn es um das Kreieren eigener Spielideen geht, fehlen mir schlichtweg die Geduld und der Einfallsreichtum. Das Basteln mit dem Joypad ist anstrengend, für erste Ergebnisse würde ich vermutlich unzählige Tage benötigen. Das strapaziert zu sehr mein dünnes Nervenkostüm. Glücklicherweise geht es anderen Leuten überhaupt nicht so, denn sonst wäre das Konzept von „LBP“ nie aufgegangen. Ich habe größten Respekt vor all denjenigen, die die Motivation aufbringen, um ein Spiel nach ihren Vorstellungen aus dem Boden zu stampfen. Und genau diesen Leuten möchte ich danken! Danken für die vergnüglichen Stunden, die ich mit Fan-Levels und völlig anderen Spielen in der Welt von „LittleBigPlanet 2“ verbracht habe. Ich probierte unzählige Experimente aus, schaute mir obskure Ansätze an und bestaunte kleine Meisterwerke, die so mit dem „LBP2“-Vorgänger nicht möglich gewesen wären. Denn der „Game-Maker“, wie man das Tool am besten bezeichnen könnte, wurde mit etlichen Verbesserungen ausgestattet, die komplett andere Genres ermöglichen. Beispielsweise kann jetzt offensichtlich Sackboy durch komplett andere Figuren ersetzt werden. Auch Ego-Shooter, Beat’em’Ups oder Retro-Arcade-Krams sind jetzt kein Wunschdenken mehr. Eine tolle Sache! Indie-Entwicklung mal ganz anders!
Neu ist ferner das Designen von Zwischensequenzen. Diese haben schon jetzt, einige Tage nach dem Verkaufsstart von „LBP2“, zu einem interessanten Weg geführt, den einige Hobbyentwickler eingeschlagen haben. Die Download- und Wertungscharts werden neuerdings von Kurzfilmen angeführt, die entweder Geschichten eines Sackboys bzw. Sackgirls erzählen oder den Hauptaugenmerk auf die hervorragende Physikengine des Spiels legen. Die „Cause and Effect“-Reihe zeigt eindrucksvoll Kettenreaktionen, fast im Stil eines „The Incredible Machine“ – oder wie ein „Crazy Machines“ auf der PlayStation 3 funktionieren könnte. Sehr amüsant sind ebenfalls pseudo-cineastische Filmchen mit „Spider-Man“ oder „Hulk“, die Schöpfer nehmen hier gerne mal berühmte Superhelden aufs Korn. Aber es gibt auch eigenständige Vorstellungen, darunter das lustige Heist-Movie „Operation: Racing Chair“. Oder wie wäre es mit einem nachgestellten “Zurück in die Zukunft”?
Was bei den Kurzfilmen andeutungsweise erkennbar ist, wird bei den Sackboy-Umsetzungen vieler berühmter Spieleperlen deutlich. Die leidenschaftlichen „Entwickler“ orientieren sich vorzugsweise an bestehenden, bewährten und populären Konzepten. Heraus kommen dann fast perfekte Konvertierungen von „Donkey Kong“, „Pac-Man“ oder dem klassischen „The Legend of Zelda“. Während „Pac-Man“ ein wenig mit der Physik-Engine zu kämpfen hat, sind die anderen beiden genannten Spiele enorm gut und beschäftigen aufgrund ihrer detailgetreuen Nachbildung tatsächlich einige Zeit. Bei „Zelda“ wird das Geschehen beispielsweise aus der Vogelperspektive dargestellt und die Farbenmenge auf 8bit reduziert. Beeindruckend, also auf gewisse Weise. Nicht minder erstaunlich ist „Sonic the Hedgehog 2“, das sich fast wie das Original spielt, auch wenn es dem Macher wohl nicht möglich war, beispielsweise mehrere Animationsphasen des Igels nachzuempfinden. Das Drumherum riecht aber gewaltig nach SEGAs stacheliges 2D-Urgestein – mir gefällt’s.
Schwieriger scheint es bei Sonics Kollegen mit der Latzhose zu sein. Zwar existieren bereits einige „Super Mario“-Klone, diese aber setzen mehr auf die „LBP“-Basis, was bedeutet: zwei Spielebenen, auf denen man sich bewegen kann. Zudem kommen Physik-Spielereien zum Einsatz, was für ein 2D-Mario an sich unpassend ist. Trotzdem sagen mir „Super Sackboy Bros. 3D“, „Mario Bros.“ und die schräge Hommage „Super Sackboy Bros. 3D“ sehr zu. Alle drei Kandidaten besitzen Stärken und Schwächen, zeigen aber ansatzweise die neuen Editor-Elemente: Bei „LBP1“ konnte man beispielsweise nicht mit dem Kopf an Steine springen, um aus diesen Punkte springen zu lassen. Das mögen vielleicht Kleinigkeiten sein, ich bin dadurch aber guter Dinge, dass es über kurz oder lang eine „New Super Mario Bros.“-Ausgabe mit Vierspieler-Modus für die PlayStation 3 geben könnte.
Rennspiele aus der Vogelperspektive sind dank „LBP2“ wohl keine allzu große Herausforderung mehr, wie „Sackro Machines Championship“ oder „Mario Kart Race“ verdeutlichen. Dass euch „Micro Machines“-Abarten erwarten, dürfte wohl niemanden überraschen. „MotorStorm“, ein simpler Racer aus der seitlichen 2D-Sicht geht entfernt in die Richtung des großen Vorbilds, verfügt aber im aktuellen Stadium keinen tieferen Sinn und ist fehlerbehaftet. Schade. Das Wort passt übrigens perfekt zu „Super LBP Fighter 2 Turbo“. Es handelt sich um den Versuch, ein Prügelspiel darzustellen. Das erinnert zwar eher an einen Marionettenkampf, die Basis ist jedoch vielversprechend. Das gilt genauso für „WipEout“ und „Grand Theft Auto“. Zweitgenanntes Spiel kann gegenwärtig nicht vernünftig genutzt werden, hier kommt der „LBP2“-Editor definitiv an seine Grenzen. Dabei sieht das „GTA“ von oben sehr hübsch aus. Hoffentlich findet der Designer eine Lösung, um die Spielfigur korrekt steuern zu können.
Apropos Grenze: Für Ego-Shooter ist auch der Editor von „LBP2“ nicht gedacht. Erkennbar wird dies bei „Resident Sack“ und „Vietnam FPS“. Immerhin ist die Vietnam-Ballerei solide spielbar, ein wenig erinnert der Titel an uralte Spielautomaten aus den 1980er Jahren
Mein persönliches Highlight im „Franchise“-Bereich ist „Little Dead Space“. Zwar erwartet euch das konventionelle „LBP“-Gameplay, dieses wurde aber durch großartige Licht- und Dunkelheit- Passagen, clevere Rätsel und wunderbar inszenierte Zwischensequenzen gehörig aufgewertet. Wem das Original zu brutal ist, der fühlt sich bei dem inoffiziellen „LBP2“-Ableger wunderbar aufgehoben. Mit dabei sind die berüchtigte Gravitation, Raketenschuhe und natürlich Isaac Clarke. Herrlich! Ein wenig schielt auch „Dead Rising 2“ in die Richtung Horror, das Resultat ist nicht im Ansatz zu stimmig wie bei „Little Dead Space“.
Schaue ich mir neuartige Spielansätze an, so hapert es bei der „LBP2“-Community gegenwärtig gewaltig. „Omicron – Neon City“ beispielsweise versucht, ein Adventure darzustellen, ist aber mehr eine öde Textansammlung. Schöner ist dagegen „The 2nd Li’l Platformer“. Das Hüpfspektakel zeigt eindrucksvoll und nahezu perfekt die technischen Features, obwohl es letztendlich ein „Feel-Good“-Jump&Run der einfachen Art ist. Das sehr schrullige „Doodle“ ist kaum schlechter, und wer Indy mag, der wird sich bei „Jones and the Spider Temple“ schnell heimisch fühlen. Sehr viel Potential steckt meiner Meinung nach in „Zombies: Rooftops“, einem Versus-Shooter der finsteren Art. Aus „Titanic: Ship of Dreams“ könnte man vermutlich etwas Einzigartiges machen. Hier besucht ihr das fast authentisch nachgebildete Schiff, um es zu erkunden. Viel zu tun gibt es nicht, aber das wird vielleicht noch. Denn der Eindruck der ersten „Titanic“-Version ist sehr positiv, da könnte man eine schöne „Titanic“-Parodie draus machen. Nicht unerwähnt sollte „Galactic Space Defence“ bleiben. Denn das ist ein waschechtes „Tower Defense“ auf „LBP2“-Basis.
Vielleicht könnt ihr es euch denken: Theoretisch gäbe es viel mehr über die Spiele der „LBP2“-Fans zu sagen. Klar, unzählige unfertige Spiele wurden bereits hochgeladen und viel davon ist echt Scheiße, aber dank der praktischen Bewertungssysteme findet ihr schnell (Roh-)Diamanten, mit denen ihr euch die Zeit vertreiben könnt. Und um ein Ende zu finden: Obwohl ich ein wenig den Einfallsreichtum der Kreativlinge beim Finden völlig neuer Ideen vermisse, allein die unglaubliche Auswahl an facettenreichen Spielen machen „LBP2“ zu einer dicken Kaufempfehlung – egal ob ihr nun selbst aktiv werden wollt oder nicht. Ich für meinen Teil habe bisher mehr mit den Community-Schöpfungen verbracht als mit dem ohnehin überschaubaren Story-Modus. Und eventuell werde ich mich einmal am Editor versuchen. Irgendwann.