Kirby vs. Killzone 3

3. März 2011

Beide Spiele fangen mit einem K an! Das muss für einen Vergleich genügen!

Äpfel mit Birnen, hm? Vielleicht. Vielleicht aber ist es auch der Versuch zu verdeutlichen, dass die Leidenschaft eines Entwicklers einfach mehr Wert besitzt als ein eiskalt kalkuliertes Produkt für den anonymen Massenmarkt.

Das Gegenüberstellen eines Wii-Spiels mit der lebenden Zuckerwatte Kirby mit dem pompös inszenierten PS3-Killershooter kann tatsächlich sinnvoll sein, denn es existieren durchaus Basis-Gemeinsamkeiten.

„Kirby und das magische Garn“ ist ein aktueller Hit-Kandidat für Nintendos Hampelkonsole. In den letzten Wochen und auch der nächsten Zeit erscheinen für die Wii keine ähnlich gearteten Spiele, von wirklich wichtigen Titeln ganz zu schweigen. Zwar ist das Comeback des quirligen Helden in den USA und Japan längst erhältlich, für den europäischen Markt ist das Werk von Hal Laboratory aber von größerer Bedeutung, um die Wii-Besitzer bei Laune zu halten. Außerdem ist das klassische 2D-Jump&Run-Genre vor allem auf den Nintendo-Geräten überaus populär, für viele – zum Beispiel mich – sind sie damals ein Kaufgrund für Wii und NDS gewesen.

Kirby: Der Knuffel macht sich auf, um gegen die Helghast anzutreten...

Kirby: Der Knuffel macht sich auf, um gegen die Helghast anzutreten...

Ähnliches gilt für „Killzone 3“. Sony investierte ein dickes Marketingbudget, um die Egoshooter-Marke von Guerilla Games in die Köpfe der PS3-Anhänger zu brennen. Monströse, martialische Action-Titel aus der Ich-Perspektive sind sowieso trendy, vor allem wenn sie über einen umfangreichen Mehrspieler-Modus, jede Menge Hass-Gegner und eine hochwertige audiovisuelle Kulisse verfügen. Und „Killzone 3“ soll wohl auch die Fähigkeiten der PlayStation 3 verdeutlichen, denn stereoskopisches 3D und Move werden optional unterstützt. Andere Genrevertreter, die exklusiv für die PS3 demnächst erscheinen, gibt es auch nicht – folglich muss „Killzone 3“ für Sony wichtig sein.

Trotz völlig unterschiedlicher Spiele und Plattformen dürfte die Relevanz dieser für Nintendo und Sony vergleichbar sein, für die PS3-Erfinder steht gewiss noch mehr auf dem Spiel. Einen Flop kann man sich nicht leisten.  Nicht, dass vielleicht sogar Arbeitsplätze bei Guerilla Games gefährdet sind. Denn so riesig war der Erfolg des Vorgängers auch nicht.

Für einen weiteren Vergleich zwischen „Kirby und das magische Garn“ und „Killzone 3“ ziehe ich Elemente heran, die einfach zu Spielen gehören. Den Anfang macht…

Die Story

Die Geschichten von „Kirby und das magische Garn“ und „Killzone 3“ sind offensichtlich eng mit den anvisierten Zielgruppen verknüpft. Bei „Kirby“ erzählt euch ein debiler Märchenonkel irgendeinen Unsinn über eine Metamomate, die Kirby aus purer Gier verspeist. Prompt findet er sich in einem Fantasy-Königreich wieder, in dem er nicht mehr so richtig seinen Körper nutzen kann. Stattdessen ist er, wie auch die gesamte Welt, nur noch ein Haufen Garn. Seine Aufgabe ist es, gemeinsam mit Prinz Plüsch das magische Garn zu finden, um das in sieben Stofffetzen zerrissene Land zu vereinen. Schon die Erzählweise ist nicht mehr als dünnflüssige Kinderkacke, Erwachsene werden sich gewiss über diesen Mumpitz wundern. Ja, „Kirby“ ist kindgerecht präsentiert, was aber nicht bedeutet, dass ältere Semester grundsätzlich nichts mit dem Spiel anfangen können. Aber das Niveau ist höchstens als infantil zu bezeichnen.

Mehr als Schwarz/Weiß-Malerei gibt es bei dem PS3-Shooter einfach nicht.

Mehr als Schwarz/Weiß-Malerei gibt es bei dem PS3-Shooter einfach nicht.

Ganz anders bei „Killzone 3“. Hier sollen vermutlich die coolen und etwas älteren Action-Kids unserer Gegenwart begeistert werden. Knallharte Stereotypen kämpfen gegen Nazis auf dem Planeten Helghast. Die dort lebenden Helghan zerstörten mit einer Atombombe ihre eigene Hauptstadt, um die guten ISA-Truppen zu bezwingen. Ganz klappte das nicht, nun sind die harten Kämpfer auf dem Himmelskörper verteilt und versuchen sich zusammen zu rotten, um vielleicht doch noch zum Gegenschlag auszuholen. Da der Herrscher, Imperator, Diktator – halt der Chef – der Bösen längst getötet wurde, tritt an seine Stelle der Waffenhersteller Stahl,  der perfide Pläne im Schilde führt. Ach, alles blabla und irgendwie völlig uninteressant. Mit den beiden Protagonisten möchte ich mich nicht identifizieren, sowieso ist die Handlung altbekannt, obwohl „Killzone 3“ neu ist. 08/15-Propaganda-Scheiß mit Ehre, Stolz und anderen Pseudo-Gefühlen, die ausnahmslos an mir vorbei gehen. Das alles ist eben nichts erfrischend Neues, und überraschend schon gar nicht. Der Shooter-Fan wird das schon toll finden, der „Killzone“-Kenner erst recht.  Subjektiv betrachtet kommt der intellektuelle Anspruch eines „Killzone 3“ gleich hinter „Medal of Honor“ – und das ist keineswegs ein Lob!

Okay: Das eine Spiel ist familienfreundlich, das andere ist für den heranwachsenden, männlichen Jugendlichen gedacht, der natürlich dank USK-Freigabe volljährig sein sollte. Die Gemeinsamkeit zwischen „Kirby“ und „Killzone 3“ sind die Storys, die offensichtlich perfekt auf die jeweiligen Spieler zugeschnitten sind. Das ist konsequent – und das bringt mich zum nächsten Vergleich.

Stil und Grafik

Obwohl „Kirby“ und „Killzone 3“ verschiedener kaum sein könnten, nicht nur bei dem Fokus auf eine ganz bestimmte Zielgruppe sind sie sich ähnlicher als angenommen.  Denn beim gesamten Art Design geben sich beide Kandidaten vollkommen stilsicher. „Killzone 3“ brilliert durch eine eindrucksvolle und glaubwürdige Architektur, zum Beispiel bei den Stadtszenarien zu Beginn. Dazu kommen facettenreiche und realistisch anmutende Schauplätze, soweit man dies bei einem SciFi-Universum sagen kann. Auch die Ausarbeitung der widerlichen Helghast ist an und für sich erstklassig. Allgemein dominiert der kühle und oftmals bedrückende Look, der sich durch das gesamte Spiel zieht – abgesehen vielleicht von den Dschungel-Levels, die schön farbenfroh gehalten sind. Diese strikte Linie ist fraglos eine Stärke des Spiels.

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Brachial - das ist Killzone 3 definitiv!

Und genau das Gleiche gilt für „Kirby und das magische Garn“. Dieser kunterbunte Kitsch-Kauderwelsch, diese skurrilen Gegner aus Garn, diese verrückten Spielewelten. So albern „Kirby“ aussehen mag, es ist von vorne bis hinten durchgestylt. Egal ob das nun 2D ist, das Design ist hervorragend.

Aber: Während „Killzone 3“ nahezu keinen Charme oder so etwas wie eine Liebenswürdigkeit versprüht, schießt „Kirby“ damit regelrecht um sich. Gefühl und Herzenswärme hat der Shooter nicht im Angebot, entsprechend nüchtern und auf die Technik reduziert erlebt ihr das Helghast-Spektakel. Das ist gewiss die Absicht der Designer gewesen, aber Emotionen entstehen nicht durch den Stil und die Grafik. Hier punktet für mich „Kirby“ einfach mehr. Und das führt mich zu dem letzten Vergleichspunkt.

Originalität

Sichtlich ist „Killzone 3“ nicht außerordentlich originell. Der Guerilla-Knaller setzt einzig und allein auf bewährte Spiel-Elemente, die sich an den Genrekonventionen halten. Massive und epische Schlachten gegen unzählige Feinde, gelegentliche Geschütz-Ballereien, Herumlaufen mit Mechs, Fahren mit Schneemobilen, selten mal ne Stealth-Mission oder ein Scharfschützen-Auftrag. Das ist wirklich weit entfernt von einem einfallsreich, es stimmt aber das Rundumpaket und die Präsentation. Trotzdem hatte ich ständig das Gefühl, so etwas schon 1000 Mal in anderer Form überstanden zu haben, alles ist so berechenbar und passt zur einfallslosen Story.  Das wiederum soll nicht bedeuten, dass „Killzone“ nicht unterhält, schließlich wird euch hier kompromisslose Action aufgetischt – die Spaß bereitet. Abgerundet wird das Entertainment-Paket mit einer Offline-Koop-Kampagne und einem dicken Mehrspieler-Part. Aber auch hier gilt: Alles wie gehabt, nichts Neues.

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Kreativ und unschuldig naiv gibt sich Kirby

„Kirby“ ist auch nur ein reguläres Jump&Run, bei dem ihr als Faden-Monster durch die Levels hüpft und eure individuellen Fähigkeiten wie Schweben oder Verwandeln in ein Auto bedacht einsetzt.  Erweitert wird der Titel durch ein paar kleinere Besonderheiten, die ich so in dieser Form noch nicht in einem Plattformer gesehen habe. Unter anderem mutiert ihr regelmäßig in irgendwelche komischen Fahr- und Flugzeuge, bezwingt Gegner, indem ihr sie in Garnrollen verwandelt, und durchstreift Gebiete, die eigentlich nur den Hirnen japanischer Drogenjunkies entsprungen sein müssen. Das extrem klassische Spielkonzept wurde mit einigen schrägen Ideen gewürzt, dazu kommt ein formidabler Zweispielermodus und eine irgendwie nicht sichtbare Emotion, die in eurem Kopf entsteht. Denn ihr spürt dieses gewaltige Herzblut, das die Designer in „Kirby und das magische Garn“ gesteckt haben. Da schaue ich gerne über den nicht existenten Schwierigkeitsgrad hinweg.

Hinkender Vergleich mit Erkenntnis

Ich mag Shooter und Jump&Runs gleichermaßen, aber der abstruse Vergleich von „Kirby“ und „Killzone 3“ hat es mir mal wieder gezeigt: Es zählen weder Grafik, noch Inszenierung oder ein Effektfeuerwerk mit Millionen Toten.  Viel wichtiger sind die Gefühle, die ein Spiel erzeugt – oder eben auch nicht. „Kirby und das magische Garn“ ist vielleicht wirklich nur ein kindisches Hüpfabenteuer, aber die Entwickler schafften es, ihre Leidenschaft an mich zu schicken. Einfallsreichtum und Liebe sind die Dinge, die ich bei „Kirby“ enorm schätze und bei „Killzone 3“ komplett vermisse. Guerilla Games konzentrierte sich viel zu sehr auf die Technik und auf das, was die Gamer vermeintlich wünschen. Das Resultat ist seelenloser Kawumm von der Stange. Ohne Gehalt, dafür mit besonders viel Gewalt und einer Geschichte, der man nicht folgen möchte. Diese ist zwar so gesehen nicht besser oder schlechter als die von „Kirby“, aber bei Nintendos Spiel ist sie ohnehin nur ein Mittel, um Emotionen zu vermitteln. Bei „Killzone 3“ dient sie dazu, typische Shooter-Elemente miteinander zu verbinden. Was bleibt, das ist eine Grafikorgie für Menschen mit einem Herz aus Stein.

Verrückte Ideen gibt es bei Kirby viele.

Verrückte Ideen gibt es bei Kirby viele.

Das Gegenüberstellen zwei grundverschiedener Spiele wie „Kirby“ und „Killzone 3“ führt mich zu einer Erkenntnis: Es muss keine hervorragende Geschichte oder ein einzigartiges Gameplay sein, das aus einem Spiel ein gutes macht. So doof es klingen mag, aber es kann vielleicht schon genügen, einfach Liebe in sein Spiel zu stecken – egal in welcher Form. Vielleicht sollten Entwickler einfach nur das entwickeln, was sie wollen – und nicht das, was in Marktstudien, Analysen, Verkaufszahlen ähnlicher Produkte etc. angeblich gewünscht wird?

Um es zum Schluss zu bringen: Herzblut > Berechnung

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2 comments on “Kirby vs. Killzone 3

  1. Heinz Mrz 8, 2011

    Kirby is einmalig. Wunderschön anzusehn und einfallsreich.

    Schade das so eine Perle, so selten erscheint.