FIRE: Die Entdeckung des Ur-Spielspaßes

24. April 2015

Mit ein Grund, warum 2014 kein gutes Spielejahr war: Daedalic veröffentlichte kein neues Adventure. Also, im Ernst: Sie haben zwar das eine oder andere im Vertrieb gemanagt (siehe “1954: Alcatraz” oder “Randal’s Monday“) – aber diese waren qualitätstechnisch nicht gerade die Brüller. 2015 könnte das anders werden, dank “Silence” und “The Devil’s Men”. Doch selbst wenn es diese potenziellen Hits nicht bis hiesigen Dezember in die Verkaufsregale schaffen, dann haben wir immerhin schon mal “FIRE”. Und das ist trotz seines günstigen Preises von knapp 10 Euro alles andere als „billig“…

Man nehme einen schusseligen Neandertaler, der eigentlich nur einen Job zu erledigen hat: auf das Feuer aufpassen. Doch in der Nacht übermannt ihn die Müdigkeit und am nächsten Tag ist das Drama perfekt, sprich: Das Feuer ist aus.Verbannt aus seinem Heimatdorf, bleibt dem armen Kerlchen nichts weiter übrig, als sich auf die Suche zu machen und für Ersatz zu sorgen.

Klick dir einen

“FIRE” sieht auf den ersten Blick wie ein ganz normales Point’n’Click-Adventure aus, jedoch hat Daedalic bewusst in einer Hinsicht gespart: Es gibt keine Dialoge und auch so gut wie keine Story. Ihr wandert vielmehr von einem Schauplatz zum anderen, um jeweils vor Ort ein Glühwürmchen zu fangen. Diese führen euch nämlich nach und nach zu einem brodelnden Vulkan, wo ihr sicherlich ein brauchbares Ersatzfeuer finden solltet. Wundert euch aber nicht, wenn ihr zwischendurch auf dem Mond landet oder in einer Zeitmaschine Platz nehmt. Die wild durcheinander gewürfelten Szenarien sollen letztlich keine homogene Spielwelt formen, sondern möglichst viel Abwechslung bieten.

Anatomie á la Steinzeit: Je nachdem, wie ihr das Gehirn dieses Tieres polt, bewegt es eines seiner Körperteile.

Anatomie á la Steinzeit: Je nachdem, wie ihr das Gehirn dieses Tieres polt, bewegt es eines seiner Körperteile.

Das Rätseldesign erinnert spontan an die alten “Gobliiins”-Titel aus den 1990er Jahren. Damals wie heute geht es vorrangig ums Ausprobieren: Klickt einfach mal alles an und schaut, was passiert. Das Try & Error-Prinzip ist kalkuliert und gehört mit zum Spaß. Kann ich den Stein dort nehmen? Was passiert, wenn ich auf den Zeh des großen Dinos drücke? Und wieso verwandelte ich mich in eine Mücke, wenn ich die drei Steinplatten zu einem bestimmten Muster zurecht drehe? Kleine Mini-Spiele, in denen ich den Mauscursor vorsichtig zwischen spitzen Ranken vorbei bugsieren oder einen kleinen IQ-Test absolvieren muss, gehören mit zum Chaos.

Die Überschaubarkeit der zehn gegebenen Schauplätze, die sich in den meisten Fällen auf drei Bilder beschränken, mindert immens den Frust, irgendwo festzustecken. Zwar möchte euch Daedalic einerseits auf die falsche Fährte locken und zum „um die Ecke denken“ animieren – aber andererseits wäre es dumm, wenn die Spieler aufgrund einer vermeintlichen Sackgasse einfach aufhören würden.

Wohl durchdacht und herrlich verspielt

Ihr könnt mir glauben: Es ist nicht leicht, solch eine Balance mit einem Try & Error-Design zu finden. Die Meister in dieser Disziplin sind die Tschechen von Animata Design, die mit “Machinarium” und “Botanicula” die bislang besten Adventures dieser Art entwickelt haben. An deren Klasse kommt “FIRE” auch nicht ganz heran, was aber mehr an der quasi nicht vorhandenen Geschichte liegt. Hier geht es nicht ums Drama, sondern um Slapstick pur – der mag auch mal derbe ausfallen, wenn ihr das Arschloch eines Tieres mit einem Korken zustopfen müsst, damit es bei der nächsten Aktion platzt. Aber letztlich beweist “FIRE” Geschmack – und das nicht zuletzt dank der sehr feinen Comicgrafik.

Geredet wird zwar nicht, aber für FIRE reicht etwas Bildsprache aus.

Geredet wird zwar nicht, aber für FIRE reicht etwas Bildsprache aus.

Diese sorgt dafür, dass das Spielchen überhaupt nicht nach Low-Budget riecht. Im Gegenteil: Rein von der Art Direction spielt “FIRE” in der obersten Liga. Farbwahl, Zeichenstil und Animationen sind durch die Bank weg professionell, genau wie die gut komponierte Musik und die Soundeffekte. Es ist wirklich nur die Sprachausgabe und der überschaubare Umfang von zirka fünf bis sechs Spielstunden, wo Daedalic eingespart hat.

Und da würde ich gerne wissen, ob sich das wirklich lohnt. Ist der Preis knallhart kalkuliert oder rechnen die Mannen aus Hamburg gar mit einem Verlust? Oder ist “FIRE” ein wunderbares Beispiel dafür, wie man ein knuffiges, wirklich tolles Adventure mit klug gewählten Einschränkungen kostengünstig entwickeln kann? Gerade in unsere Welt des Konsums und des Wachstums wünsche ich mir letzteres Szenario – und im gleichen Zuge weitere Spiele der gleichen Machart.

“FIRE” ist seit dem 9. April 2015 für PC erhältlich. Weitere Details erhaltet ihr bei Daedalic. Und kaufen könnt ihr den Titel zum Beispiel bei Amazon.

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