Was macht einen Super-Nerd aus? Wenn er sich Jahr für Jahr hinsetzt und die besten Videospielsoundtracks des Jahres auflistet. Diesmal habe ich hier und heute auf Polygamia.de die Gelegenheit, euch in voller Länge meine einzig wahre Meinung zu einem meiner absoluten Lieblingsthemen aufzudrücken – und das auch noch in Form einer klassischen Top Ten!
In meinem unnachgiebigen Starrsinn habe ich nur Spiele berücksichtigt, deren weltweiter Erstveröffentlichungstermin innerhalb des Jahres 2012 fiel. “Ältere“ Titel, die aus diversen Gründen erst verspätet in Amerika und/oder Europa erschienen sind, erwähne ich in meiner “Honorable Mentions“-Liste – theoretisch, zumindest. Denn in diesem Jahr ist nur von ein ganz spezieller “Kandidat“ von dieser “Regel“ beeinflusst.
Die Platzierungen stellen eine gesunde Mischung aus kompositorischer Qualität, Wirkung während des Spielens sowie meiner ganz persönlichen, subjektiven, eigenen Meinung dar. Ihr müsst euch selbst überlegen, inwiefern diese einen Wert hat – schließlich kaufe ich mir oft genug Spiele aufgrund der Musik und nicht umgekehrt. Also Vorhang auf für die umfangreichste Nischen-Themen-Liste, die ihr je auf Polygamia gelesen habt:
Honorable Mentions
Dear Esther
Jessica Curry
Den Startschuss der “Erwähnungen ehrenhalber“ macht ein sehr schöner und ruhiger, aber auch wehmütiger Soundtrack, der einen massiven Beitrag zur Atmosphäre des “Interactive Novel“ leistet. Der einzige Grund, warum Jessica Currys Klavier dominierendes Themenklangbild zu “Dear Esther“ den Sprung in die Top Ten verpasst hat: Es erschien bereits in einer simpleren Version im Jahre 2008 als “Half-Life 2“-Mod. Der Soundtrack der Neuauflage ist “nur“ dezent arrangiert und im Kern identisch mit dem Original.
Sound Shapes
Beck, Jim Guthrie, Joel Zimmerman & Shaw-Han Liem
Ist das wirklich vollwertige Musik oder eher eine Abfolge von simplen, zudem vom Spieler beeinflussten Loops? Für mich stellt “Sound Shapes“ eine grandiose Sound-Leistung dar, die mich durchaus gepackt und motiviert hat. Aber für einen auszeichnungswürdigen Soundtrack ist mir das Gegebene eine Ecke zu simpel und zu monoton.
The Walking Dead
Jared Emerson-Johnson
Telltales “The Walking Dead“ lebt von einer beklemmenden, zeitweise höchst deprimierenden Atmosphäre. Der Score passt sich dieser sehr gut an und hallt speziell am Ende einer Episode, wenn ihr all die erlebten Ereignisse im Kopf reflektiert, stundenlang nach. Aber er ist mir abseits der Credits eine Spur zu dezent eingesetzt, um gegen die hochkarätige Konkurrenz von 2012 bestehen zu können.
Lone Survivor
Jasper Byrne
Jasper Byrne goes Akira Yamaoka – oder: “Lone Survivor” hört sich an wie ein ”Silent Hill“ mit Melodien. Bei keinem anderen Soundtrack des Jahres 2012 hat es mir mehr weh getan, ihn aus der Top Ten zu kicken. Aber nach zehn Titeln ist eben leider Schluss…
Special Awards
Bester Sound
Botanicula
Bára Kratochvílová & Jan Kratochvíl
Die Musik in “Botanicula“ spricht den Fan solch bizarrer Werke wie “Skullmonkeys“ oder “Rayman Origins“ an. Hauptsache schräg und skurril, vermischen sich die Klänge mit den Sound-Effekten zu einem einzigartigen, phasenweise völlig wirren Brei, bei dem es mir schwer fällt, die beiden unterschiedlichen Quellen auseinander zu halten. Deshalb bekommt “Botanicula“ von mir den Ehrenpreis in der Kategorie “Bester Sound“.
Bester Song
Max Payne 3
HEALTH
Der Soundtrack zu “Max Payne 3“ gilt eher als umstritten anstatt gefeiert – zu elektrisch und zu ambient ist das Gesamtwerk für die Ohren der meisten Spieler. Aber eine Sache gehört trotz aller möglichen Vorbehalte gewürdigt: der Song “Tears“. Es ist meiner Meinung nach der beste, der 2012 explizit für ein Videospiel geschrieben wurde, und klingt, als ob Depeche Mode persönlich vor Synthi sowie Mikro gesessen hätte. Mehr Lob braucht es nicht.
Bestes Videospiel-bezogenes Album
Halo 4
Neil Davidge
So sehr ich “Halo 4“ auch mag: In einer Hinsicht bin ich stinksauer auf 343 Industries. Neil Davidge hat als Komponist des Ego-Shooters ein musikalisch unvergleichliches Meisterwerk abgeliefert, das eure tief versteckten Emotionen weckt und euch gar zu Tränen rühren kann. Allein “Green and Blue“ ist herzzerreißend, speziell im gegebenen Kontext mit der Geschichte (weshalb ich dies aufgrund heftiger Spoiler-Gefahr nicht weiter erläutern mag). Doch letztlich können nur Käufer des offiziellen Soundtrack-Albums diese Faszination nachempfinden, weil Davidges Musik zwar im Spiel vorhanden, aber viel zu unterpräsent implementiert wurde.
Zum einen erklingt die Musik viel zu leise, was sich auch nicht via Lautstärkeregler ändern lässt (ein Trick, der im Vorjahr Chris Hülsbecks völlig untergegangene “The-War-of-the-Worlds“-Klänge einen Sprung in meine Top-Ten-Riege sicherte). Zum anderen hört ihr während des Spiels selbst sowieso so gut wie gar keine Musik. Die fantastischen Themen bleiben zu 90% den Zwischensequenzen vorbehalten und sind im Vergleich zu den zugehörigen Album-Versionen immens gekürzt. Allein das erwähnte “Green and Blue“ dauert eigentlich über acht Minuten lang an, von denen ihr im Spiel gerade mal zwei (!) zu hören bekommt.
Deshalb: Ein “Hurra!“ an Neil Davidge und eine klare Kaufempfehlung für sein grandioses Album, welches ich sogar über die spektakulären Vorgänger-Werke von O’Donnel und Sullivan stellen möchte. Aber ein “Buh…“ an 343 Industries für die Art und Weise, wie sie mit dieser brillanten Leistung umgehen. Das oben eingefügte Youtube-Video gehört zu den wenigen respektierten Ausnahmen und zeigt immerhin während des Hauptmenüs ohne Kompromisse die Genialität von Davidge.
Top Ten
#10
Assassin’s Creed 3
Lorne Balfe
http://www.youtube.com/watch?v=njPo_BbGv9M
Ich mag Balfe nicht – meistens. Als Protegé eifert er allzu verkrampft seinem großen Vorbild Hans Zimmer nach, anstatt sich selbst zu finden. Bislang jedenfalls: Mit “Assassin’s Creed 3“ trat er das schwere Erbe des Jesper Kyd an und hat diese Ehre gottlob genutzt. Erstmals höre ich einen Unterschied zu Zimmer: Balfe klingt hektischer, militärischer und actionreicher, als der moderne Hans. Das Hauptthema ist um Längen besser als das (ebenfalls bereits von ihm stammende) schnarchige des Vorgängers “Revelations“. Einzelne Tracks, allen voran “Through the Frontier“, gehören gar dank ihrer Adrenalin-fördernden Power zur absoluten Cremé de la Cremé des Jahres 2012.
#09
Fez
Rich Vreeland
Es wird nicht der einzige Indie-Titel in dieser Liste bleiben, aber es ist definitiv derjenige mit dem markantesten Retro-Sound. Allein das hypnotische Hauptthema ist bezaubernd und wurde gar bereits per Orchester eingespielt (wenn auch leider nicht besonders gut). Die Musik ist phasenweise etwas zu schrill und setzt für meine Begriffe zu sehr auf lauten Sound anstatt hübsche Melodien. Doch über weite Strecken dominiert Vreelands heiterer Klang durch die eigenartige Welt von “Fez“.
#08
Dustforce
Terence Lee
Terence Lees ”Dustforce” besticht zum einen durch im Kern sehr simple, wie überraschend eingängige Melodien. Und zum anderen durch eine sehr einprägsame Instrumentierung. Deren erhellende Hall-Wucht spricht insbesondere den Fan hypnotisierer Synthi-Musik an und sollte diesem sofort ins Blut übergehen. Im Gegensatz zu vielen anderen Soundtracks des Jahres 2012 hat es Lee geschafft, die hohe Qualität über die meisten seiner Tracks zu halten.
#07
Darksiders 2
Jesper Kyd
http://www.youtube.com/watch?v=wAVf7iw4IV8
Manche werden mir den Jesper-Kyd-Fanboy andichten wollen, schließlich erhielt die Musik zu “Darksiders 2“ eher kritische als positive Stimmen. Doch in meinen Ohren steht das Werk nahezu auf gleicher Stufe wie “Assassin’s Creed“ – minus dem Chor, um genau zu sein. Meine Begeisterung hängt größtenteils mit dem träumerischen “Plains of Death“ zusammen, welches ewig lang im Spiel läuft und trotzdem zu keinem Zeitpunkt langweilig klingt.
Ein weiterer “Killer-Track“ namens “Crystal Spire“ setzt leider einen traurigen Trend fort: Er gehört zu den Highlights des offiziellen Albums, obwohl er im Spiel gar nicht vorkommt bzw. in der entsprechenden Szene durch einen bedeutend langweiligeren ersetzt wurde. Solche Ausnahmestücke, die in den jeweils zugedachten Titeln kaum oder gar nicht zur Geltung kommen, häufen sich in letzter Zeit bei Kyd (siehe “Flight over Venice“ oder “Galata Tower“).
#06
Hotline Miami
Jasper Byrne, Elliott Berlin, Cameron Stallones, James Kent, Nilkas Åkerblad, Scattle, M.O.O.N & CoConuts
http://www.youtube.com/watch?v=KR1SvoPhCVg
Verstörend, verzerrt, brutal, dominant, hässlich – es gibt viele Attribute, die zum “Hotline-Miami“-Soundtrack (und zum Spiel selbst) passen, welche sich auf den ersten Blick negativ anhören. Doch in Wahrheit steckt dahinter ein hypnotisches, elektronisches Klangbild, das einen gewichtigen Anteil an eurem Killerdasein beiträgt und zudem an eine modernisierte Version der 80er Jahre erinnert.
“Hotline Miami” wird von einer Musik geprägt, die ihr nicht so schnell vergesst und aufgrund ihrer “Dreckigkeit“ zu motivieren vermag. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ein guter Batzen des 21 Themen starken Albums lizenziert ist, jedoch nach meiner Kenntnis einzig die vier Beiträge von M.O.O.N vor Januar 2012 veröffentlicht wurden.
#05
Kid Icarus Uprising
Motoi Sakuraba, Yuzo Koshiro, Masafumi Takada, Noriyuki Iwadare, Takahiro Nishi & Yasunori Mitsuda
Es folgt das absolute Gegenteil: “Kid Icarus“ ist eine orchestrale Tour de Force durch die Hälfte sämtlicher namhafter japanischer Videospiel-Komponisten. Egal ob Sakuraba, Iwadare oder Mitsuda – alle haben sie eine beeindruckende Arbeit abgeliefert, wobei ich Yuzo Koshiros Beitrag (insbesondere dank des epischen “Magnus’ Theme“ sowie des traumhaften “HOME (Viridi)“) gesondert hervorheben möchte. Das größte Problem ist bizarrerweise der enorme Umfang des drei CD umspannenden Scores: Bei soviel Musik haben sich einige Themen hineingeschlichen, die austauschbar beziehungsweise vergessenswürdig klingen.
#04
Giana Sisters Twisted Dreams
Chris Hülsbeck, Fabian Del Priore, Jan Zottmann & Machinae Supremacy
Auch wenn ich der größte Chris-Hülsbeck-Fan aller Zeiten bin (ein Fakt, der nicht zur Diskussion steht), so hatte ich im Vorfeld “Giana Sisters Twisted Dreams“ NICHT auf der Rechnung der besten Spiele-Soundtracks. Ich befürchtete zu viele Parallelen, zu viele Hommagen und zu wenig Eigenständigkeit zum Original von 1987. Doch in Wahrheit gehört das finale Produkt zu den Überraschungen des Jahres: Fast jedes Musikstück lebt von seinem klar definierten Bezug zum alten “The Great Giana Sisters“ und klingt gleichzeitig aufgrund zahlreicher neuer Elemente autark genug. Die Aufwertung ist in nahezu jeder Hinsicht ein Gewinn und wird durch die Zwei-Welten-Teilung noch getoppt.
Schließlich ist der gesamte Score gleich zweimal vorhanden: Einmal in einer “Cute“-Version, komponiert von Hülsbeck und seinem Kollegen Fabian Del Priore, und einmal in einer E-Gitarren-lastigen “Metal“-Variante, arrangiert von Machinae Supremacy. Entscheidend für die hohe Platzierung ist demnach auch der technisch hervorragend umgesetzte Wechsel, den der Spieler selbst bestimmt und der trotzdem jedes Mal richtig sowie natürlich klingt. Ein kleines Bonuslob gebührt einem der besten Musikstücke des Jahres: der liebreizenden Abspannmelodie, komponiert von Fabian Del Priore und Jan “Immortal“ Zottmann.
#03
Guild Wars 2
Jeremy Soule & Julian Soule
Was hat Jeremy Soule bloß all die Jahre gemacht? Nach seinem legendären Einstieg Ende der 90er Jahre, mit solch Klassikern wie “Total Annihilation“ oder “Icewind Dale“, plätscherte seine Karriere im Folgenden eher mittelmäßig dahin. Selbst einzelne Erfolge (z.B. “Guild Wars“ oder “The Elder Scrolls: Oblivion“) gelten als umstritten, weshalb sein Name Jahr für Jahr mehr in Vergessenheit gerät. Und dann haut der Mann innerhalb von zwölf Monaten zwei überirdische wie außergewöhnlich umfangreiche Scores auf den Tisch, die der Konkurrenz das Fürchten lehren.
Nach “The Elder Scrolls: Skyrim“ (dem meiner Meinung nach und ohne den geringsten aller Zweifel besten Score der letzten sieben Jahre) schafft es Jeremy Soule gemeinsam mit seinem Bruder Julian dieses selbst gelegte, enorm hohe Niveau zu halten – dank “Guild Wars 2“. Soule bleibt seinem Stil treu und vertraut weiterhin auf sein synthetisches wie zugleich hypnotisches Orchester, das einem Howard Shore jede Ehre bereitet. Action ist nicht seine große Stärke, dafür aber das Erstellen unendlich lang erklingender Melodien, die euch vollends in den Bann einer Fantasy-Welt ziehen. Und wenn dann doch mal so etwas wie Epik aufblitzt, dann richtig – wie “The Vigil Goes to War“ eindrucksvoll zeigt.
Der einzige Grund, warum der Soundtrack von vornherein keine Chance auf den ersten Platz hatte: Er ist “Skyrim“ zu ähnlich und kann ihn trotz aller Stärken nicht übertreffen. Das wäre ein Muss für einen direkten Folgesieg gewesen.
#02
Gunlord
Rafael Dyll
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mit dieser Platzierung meine Glaubwürdigkeit als Videospielmusik-“Experte“ verliere: “Gunlord“ ist verdammt nahe an Chris Hülsbecks legendärer “Turrican“-Serie dran – und in einem ganz bestimmten Punkt sogar überlegen. Rafael Dyll komponiert seit einer gefühlten Ewigkeit Musik im Stil eines Hülsbeck. Mein größtes Problem mit seinen Werken: Sie klingen schlicht und ergreifend zu austauschbar. Obwohl sie technisch stark sowie kompositorisch ohne jeden Zweifel gelungen sind, vergesse ich das Gehörte bereits nach einer Minute wieder. Es fehlt allzu oft eine erinnerungswürdige Melodie – und “Gunlord“ bricht nun mit dieser “Regel“ gleich Dutzendweise.
Wirklich jede einzelne Levelmusik hat ihre eigene, markante Tonfolge, an der ich sie sofort erkenne. Während Hülsbeck damals zu “Turrican“-Zeiten oft direkt mit der Hauptmelodie einsetzte (was sicherlich nicht zuletzt an den technischen Limitierungen des Amiga-Computers lag), gibt Dyll seiner Musik mehr Zeit zur Entfaltung. Die einzelnen Stücke klingen vielschichtiger als jene des sichtlichen Vorbildes, ohne dass es sich zu sehr in die Länge gezogen anfühlt. Dyll schafft die Gratwanderung zwischen der Faszination der alten Amiga-Tage und transferiert sie mit den heute gegebenen Mitteln perfekt in die moderne Zeit. Kurz: Es passt einfach.
Das Thema der ersten Stage mit dem Namen “Holy Mountain“ sehe ich gar als das beste Einzelmusikstück des Jahres an, wobei ich die ruhigere der beiden im Spiel vertretenen Varianten knapp der anderen bevorzuge. Leider ist “Gunlord“ das einzige von Rafael Dylls Alben, welches ihr derzeit nur im Zuge der Limited Edition des Spiels erstehen könnt – und diese wiederum gibt es nur für Neo Geo oder Dreamcast (!).
#01
Journey
Austin Wintory
“Too big to be ignored“: Ganz ehrlich hätte ich mich lächerlich gemacht, wenn ich nicht auf “Journey”, den ersten Grammy-nominierten Videospielscore überhaupt, gesetzt hätte. Allein die emotionale Tiefe, die in diesem Hauptthema steckt, reicht für den ersten Platz aus. Die darauf aufbauende Atmosphäre ist mit entscheidend für die Größe des Spiels, welches wiederum bereits von einigen namhaften Magazinen mit dem GOTY-Preis bedacht wurde.
Die Komplexität der orchestrierten Stücke ist fast schon zu viel des Guten: Wie bereits in meinem Bericht über das “East-meets-West“-Konzert erwähnt, bauen die Instrumente für meine Begriffe keine Einheit auf, sondern klingen wie in einem Stimmenkanon. Das ist durchaus gewöhnungsbedürftig, aber es funktioniert und es hebt sich immens vom Orchester-Einerlei der Konkurrenz ab.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Entwicklung des Scores im Gesamten betrachtet, der mit dem traurigen “Nascence“ beginnt und mit dem Höhepunkt zelebrierenden “Apotheosis“ endet. Der Soundtrack unterstreicht doppelt und dreifach den Anspruch des Spieles, eine “Reise“ zu sein. Das sollte sogar derjenige merken, der nur die Musik und nicht das Spiel selbst kennt.
“Journey“ ist jedenfalls ein würdiger Kandidat für die erste Grammy-Nominierung eines Videospielscores und damit auch der sichere Sieger des Jahres 2012 – auch wenn er dank dem meiner Meinung nach “ignoranten“ 343-Industries-Team unfreiwillige Unterstützung erhielt, weil diese seinen größten Konkurrenten ausknipsten…
Ich vermisse Asura’s Wrath in der Liste. Selbst wenn ich mit dem Spiel an sich nicht so viel anfangen kann, ist der Soundtrack absolut grandios und definitiv einer der besten des ganzen Jahres. Of Orcs and Men hatte ebenfalls einen fantastischen Soundtrack, das Boston Cello Quartet beweist, dass es nicht immer ein 50-köpfiges Orchester sein muss.
Torchlight II hat einen ziemlich guten Soundtrack und auch die von Dust: An Elysian Tail und Kingdoms of Amalur oder die vielen Indie-Songs in Tiny & Big waren gelungen.
Insgesamt würde ich aber sagen, dass Theatrhythm: Final Fantasy den besten Videospielsoundtrack des Jahres hat. Ein Spiel, das letztendlich ein ganz großer Tribut an Nobuo Uematsu ist und dessen beste Kompositionen gebündelt präsentiert, kann nur großartig sein.
Und, es tut mir leid, aber dass du schreibst, Skyrim habe den besten Soundtrack der letzten sieben Jahre, kann ich absolut nicht nachvollziehen, diese Ehre gebührt definitiv Xenoblade Chronicles. Skyrim hat ein großartiges Main Theme, aber der Rest des Soundtracks, der gefühlt nur aus fünf Stücken besteht, ist auch eher “Atmo” als echte Musik. Xenoblade Chronicles dagegen hat einen sehr variantenreichen Soundtrack. Treibende Rhythmen, sphärische Klänge, emotionale Streicher-Arrangements oder lustige “novelty songs” – da ist für Jeden etwas dabei. Klar, ist vielleicht auch eine Geschmacksfrage. Aber wenn ich an Skyrim denke, erinnere ich mich an Vieles, allerdings nicht an den Soundtrack. Bei Xenoblade Chronicles ist der Soundtrack immer mit den jeweiligen Figuren, den Gebieten oder der Handlung verbunden. Erinnere ich mich an gewisse Stellen aus Xenoblade, hab ich auch immer das jeweilige Stück in den Ohren.
Übrigens ist Journey nicht der erste Grammy-nominierte Videospielsoundtrack, das wäre “Baba Yetu” von Christopher Tin, das Titelstück zu Civilization IV. Es wurde zwar erst über Umwege auf einem späteren Album nominiert, aber immerhin hat es den Grammy dann sogar gewonnen.
Ich muss ja schändlicherweise zugeben, dass ich mit diesem ganzen klassischen “Orchestergedöns” nichts anfangen kann. Insofern waren meine diesjährigen Favoriten Spec Ops, Max Payne 3 und natürlich Borderlands 2.
Das ist ja immer etwas Subjektives, deswegen koennte man darueber ewig diskutieren und wuerde doch bei unterschiedlichen Meinungen bleiben. Ich fand z.B. Jeremy Soule’s Werk in “Oblivion” atemberaubend gut, waehrend mein Kollege Andy ja gerade hier darauf eingeht, dass sich alles gleich angehoert haette, was Tim wiederum dem “Skyrim”-Soundtrack andichtet!
Wie dem auch sei, meine Favoriten in diesem Jahr waren “Sound Shapes” (allein wegen der genialen Integrierung ins Spielgeschehen) und “Journey” (einfach traumhaft und zurecht ueber die Computergrenzen hinaus ausgezeichnet).
Theatrhythm wäre irgendwie unfair, weil der Soundtrack ja aus bereits existierender Musik besteht. Man könnte quasi sagen, es ist einer der besten lizensierten des Jahres – auch wenn Square für sich selbst wohl kaum Geld ausgeben musste. ;)
Torchlight 2 und Dust habe ich ebenfalls gehört. Ersteres hat ein paar starke Stücke, der Rest ist mir kaum in Erinnerung geblieben. Dust wiederum ist eine kleine Hass-Liebe: Viele Tracks fangen grandios an, doch nach ein paar Minuten “verlieren” sie mich. Die Melodien werden irgendwie konfuser und weniger interessant, je weiter die Minuten verstreichen.
Asura’s Wrath und Orcs and Men kenne ich noch nicht, höre ich mir bei der nächstbesten Gelegenheit an. D.h. Asura hatte ich schon halb auf dem Radar, Orcs hingegen gar nicht.
Meine Obsession bezüglich Skyrim ist ziemlich fanatisch und leider auch sehr einmalig. Ich verstehe es nämlich andersherum nicht, wie man da die Brillanz nicht dahinter entdeckt. In der Tat hat Soule lange Zeit immer nur das “gleiche” gemacht, während er bei Skyrim Dutzendweise atemberaubende Melodien hinlegt. Wobei “atemberaubend” nicht im Sinne von “episch”, sondern von “traumhaft” gemeint ist. Allein “The Streets of Whiterun” ist zum Sterben schön. Oder “Before the Storm”… “Ancient Stones”… “From Past to Present”… “The City Gates”… “Dawn”… “Secunda”… “Tundra”: Bei jedem dieser Tracks geht mir das Herz auf, wenn ich nur die ersten Takte (bzw. bei Tundra die letzten zwei Minuten) höre. Von der Gewalt des “Dragonborn/Out They Fear” fange ich gar nicht erst an. Und es macht mich immens traurig, dass mich anscheinend kein Mensch diesbezüglich versteht.
Xenoblade ist auch ein guter Soundtrack, aber wenn ich den mit anderen, bedeutend älteren japanischen RPG-OSTs vergleiche (Chrono Cross, Xenogears, Final Fantasy 6), dann zieht er klar den kürzeren. Habe das Spiel fast bis zum Ende hin gespielt und es sind nur wenige Melodien “hängen” geblieben.
Zu Baby Yetu: Ja, das ist mir bewusst. Aber meine Aussage stimmt trotzdem, weil Baby Yetu nur ein Song und kein kompletter Soundtrack war. Zudem wurde dieser in einem völlig anderen Zusammenhang ausgezeichnet, nämlich im Rahmen eines viel später veröffentlichten Albums – wie du es ja bereits ansprichst. Das zählt meiner Meinung nach nicht wirklich, um “Erster!” schreien zu dürfen.
Ach ja, @Sebastian: Anscheinend habe ich mich auch noch falsch ausgedrückt. Oblivion gehört für mich zu den positiven Ausnahmen, denen ich sogar den “Soundtrack of the Year 2006” Preis einräumen würde. Nur habe ich deshalb so rumgedruckst, weil ich anscheinend ähnlich wie im Falle von Skyrim ziemlich alleine mit meiner Meinung da stehe.
@Andy: Nein, alleine stehst Du nicht da, denn ich fand “Oblivion” wirklich fabelhaft und freue mich schon drauf, wenn ich das Spiel nochmal spielen und “hören” darf (steht noch auf meiner “To Do”-Liste, weil bislang habe ich es immer nur an-, aber nicht durchgespielt).
Zu “Skyrim” kann ich gar nichts sagen, weil ich nur das – sehr gelungene – Titellied kenne. Das Spiel hat noch nicht seinen Weg in meine Softothek gefunden!