The Elder Scrolls Online: Das Solo-MMO

7. Juni 2014

Unendliche Weiten, grüne Wiesen im Sonnenschein und mächtig viel zu kloppen – das ist “The Elder Scrolls Online”, kurz “TESO”. Knapp 20 Millionen Exemplare wurden von “Skyrim” verkauft, deshalb steckte Bethesda viel Geld und Zeit in die Entwicklung eines Massively-Multiplayer-Online-Rollenspiels. Wohl niemals zuvor gierte ein Spiel so sehr nach dem Thron von “World of Warcraft”, noch nie zuvor waren die Chancen dafür so gut.

Eine Klasse, sie zu knechten

Ich bin ein durchschnittlicher MMO-Spieler. Bei “WoW” habe ich mit meinem Druiden Level 50 erreicht, bei “Aion” schnappte ich mir das Daeva-Set, in “Guild Wars” (ja, ich weiß, kein echtes MMO) habe ich monatelang in den Arenen verbracht, aber bei “Guild Wars 2” ließ die Begeisterung trotz aller neuen und tollen Ideen spürbar nach. Die Welt der “The Elder Scrolls” hat mich allerdings nie besonders interessiert. “Oblivion” und “Skyrim” vergammeln auf meiner Festplatte, obwohl ich ein gutes Rollenspiel jedem Shooter oder Action-Adventure vorziehen würde. So gesehen ging ich an “TESO” vielleicht etwas naiv, aber auch unvoreingenommen heran.

Wie so oft spiele ich einen Magier. Diese Klasse eignet sich in meinen Augen besser für das PvE als andere, da sie in der Regel viel Schaden austeilt und dadurch ein schnelles Vorankommen sichert. In “TESO” funktioniert dieser Theorie wunderbar, denn so schnell wie hier habe ich noch nie die Level gemeistert. Das liegt an dem niedrigen Schwierigkeitsgrad und an einem der großen Pluspunkte des Spiels: Es gibt unheimlich viel zu tun. Wenn ihr neugierig seid und alle Ecken in Tamriel erkundet, anstatt stur der Hauptquest zu folgen, werdet ihr nie Leerlauf haben.

Die Ego-Perspektive ist für ein MMO gewöhnungsbedürftig.

Die Ego-Perspektive ist für ein MMO gewöhnungsbedürftig.

Schön: Die Quests sind origineller als bei der MMO-Konkurrenz. Jede erzählt eine kleine Geschichte, und dumpfes Grinden war den Machern wohl ein Graus. So befreit ihr in mehreren Etappen ein verfluchtes Dorf, deckt eine Vampirverschwörung auf oder legt euch mit einem durchgeknallten Magier an. Dies könnt ihr entweder auf der riesigen, wunderschönen Welt machen oder in dunkle Verliese steigen, um sie alleine oder in der Gruppe vom Bösen zu reinigen. Daneben dürft ihr an sogenannten “Dolmen” Invasoren zurückschlagen oder besonders hartnäckige Bosse bekämpfen. Trotzdem hat Bethesda das MMO dadurch nicht neu erfunden, denn letztdlich läuft alles auf das Gleiche hinaus: Monster plätten, Loot kassieren, weiter ziehen.

Glücklicherweise seid ihr in der Charakterentwicklung sehr frei. So hängt es viel von der Verteilung eurer Fertigkeitspunkte und eurer Ausrüstung ab, welche Rolle ihr wirklich spielt. Eine Mischung aus DD und Heiler? Kein Problem. Das alles mag jetzt toll klingen, aber abseits dieser gelungenen Ideen gibt es zahlreiche Kritikpunkte, die “TESO” zu einem strittigen Vergnügen machen.

Es geht auch klassisch. Einen Dolmen solltet ihr euch aber nicht alleine vornehmen.

Es geht auch klassisch. Einen Dolmen solltet ihr euch aber nicht alleine vornehmen.

1000 Mal gespielt …

Zunächst sind da die kleinen Dinge wie die mangelhafte UI. Keine permanente Statusleiste, keine EXP-Leiste, keine Minimap. Deshalb werde ich als Spieler geradezu gezwungen, inoffizielle Erweiterungen wie “Wykkyd” oder die “ZrMiniMap” zu installieren. Nein, das sind keine Cheats, sondern nützliche Tools. Gerade mich motiviert es sehr, wenn ich weiß, wie viel EXP ein Gegner abwirft und wie lange ich noch bis zum nächsten Level brauche. Über den unzweifelhaften Nutzen einer Minimap brauchen wir eigentlich gar nicht zu reden. Und dann der Loot. Nur 12 Gold für einen Boss im hohen 40er Lvl-Bereich? Naja.

Dann ist da dieses Gefühl, alles so schon einmal gesehen und gespielt zu haben. Es mag daran liegen, dass der unmittelbare Vorgänger “Skyrim” so etwas wie das westliche “Ni No Kuni” ist: alles drin, was ein typisches Rollenspiel ausmacht, aber deshalb voller Klischees. 1000 Mal gespielt, und jetzt gibt es halt die volle risikolose Dröhnung. Für den durchschnittlichen RPG-Junkie mag das der Himmel auf Erden sein, auf den Rest der Spielerwelt wirkt es wie ein Home-Video, bei dem die Macher bloß niemanden verschrecken wollen. Deshalb hatte ich beim Spielen das Gefühl, eher so eine Art “Skyrim 1.5” als ein eigenständiges MMO zu spielen.

Eine schöne große Welt ... deren Stil ihr aber aus vielen anderen Spielen kennt.

Eine schöne große Welt … deren Stil ihr aber aus vielen anderen Spielen kennt.

Daran ändert auch der PvP-Modus nichts. Theoretisch könnt ihr in einem abgegrenzten Gebiet in Massenschlachten um Burgen und Stützpunkte kämpfen. Das funktioniert vor allem dann, wenn ihr euch wie bei einer Raid verabredet und mit Teamspeak in die Schlacht zieht. Sonst wird dieses reizvolle Spielelement eine chaotische Angelegenheit. Und dazwischen reitet ihr einsam minutenlang durch die Gegend …

Story trifft MMO

Große Probleme hat das Spiel sogar bei seinen eigentlichen “Alleinstellungsmerkmalen”, den Quests. Ihr kennt das vielleicht aus anderen MMOs: Um eine Quest abzuschließen, sollt ihr eine bestimmte Anzahl an Gegnern töten, vorgegebene Sachen sammeln usw. Oft ist das Problem, dass euch ein anderer Spieler zuvorkommt und ihr warten müsst, bis der Gegenstand wieder erscheint. Arena Net hatte dieses Problem mit “Guild Wars 2” clever gelöst, in dem viele Aufgaben geteilt wurden. Abhängig von eurem Einsatz seid ihr am Schluss an Exp und Loot beteiligt worden. Das hat das Gemeinschaftserlebnis und das authentische Spielgeschehen maßgeblich geprägt,

In “TESO” ist das anders. Hier kocht jeder sein eigenes Süppchen.

Viel der Quests sind quasi instanziert. Befreit ihr das erwähnte Dorf, wird das Gebiet für euch zu einer sicheren Zone. Andere Spieler dürfen dagegen weiter draufloskloppen. Das ist für ein Spiel, das so sehr auf Story setzt, ziemlich unlogisch. Richtig übel wird es allerdings bei der Hauptgeschichte, die euch als Auserwählten die Welt retten lässt. Was ich in einer Nebenquest noch missmutig akzeptieren kann, wird nun zum Spielspaßkiller. Es ist nämlich überhaupt nicht episch, wenn es mich als Auserwählten gleich tausendfach gibt. Schade, denn nach schwachem Beginn nimmt die Geschichte ordentlich Fahrt auf und endet in einer intensiven Boss-Schlacht.

Bis zum Ende hat mein Magier gut durchgehalten.

Bis zum Ende hat mein Magier gut durchgehalten.

Dieses Problem zieht sich schon die letzten Jahre durch die Szene. Ständig wollen die Entwickler eine packende Story in ihr MMO stecken. Weder “Aion”, noch “Guild Wars 2” haben dabei überzeugt. Und TESO hat es nun auf die Spitze getrieben. In vielen Momenten wirkt das Spiel so, als wollten die Entwickler stur ihr “Skyrim” Erfolgskonzept in ein Onlineuniversum übertragen. Tunnelblick nennt man das wohl. Leider liefert “TESO” so das beste Beispiel dafür, Storys aus einem MMO endgültig fernzuhalten.

PC-Flop, Konsolen-Hit ?

Letztendlich steckt in “TESO” doch arg viel von der Last Gen: Einem ordentlichen RPG wurde ein unnützer Mehrspielerpart angehängt, der niemand überzeugen kann. In dieser Form ist das Spiel weder Fisch noch Fleisch. RPG-sowie “Skyrim” – Fans werden die Geschichte und die Welt mögen, aber sich ärgern, dass sie dafür monatliche Gebühren zahlen müssen. Und wollen PvP-Spieler nur für ein paar Burgenkämpfe monatlich zur Kasse gebeten werden? Ich möchte das bezweifeln. Als “Skyrim 2” wäre das Ganze deutlich günstiger und besser geworden.

Die Zukunft von “TESO” wird spannend. Bis jetzt hat Bethesda noch keine Abo-Zahlen veröffentlicht. Das ist sehr ungewöhnlich. Eine rasche Umstellung auf das F2P-Modell, ähnlich wie bei “Star Wars: TOR” sehe ich nicht. Dazu ist das Spielprinzip zu wenig auf dumpfes Grinden ausgelegt. Alarmierend ist dagegen die Verschiebung der Konsolenversion um ein halbes Jahr, angeblich wegen technischer Probleme. So kurz vor dem Release erscheint das aber eher als eine Ausrede. Mich würde es nicht wundern, wenn die Konsolenvariante sogar ins nächste Jahr rutscht. Mangels Konkurrenz könnte Bethesda dann auf das setzen, was “WoW” zum Platzhirsch gemacht hat: Zeit, um aus guten Ideen ein gutes Spiel zu formen.

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7 comments on “The Elder Scrolls Online: Das Solo-MMO

  1. Etwas spät, oder? ^^
    Meinen “Rant” über TESO habe ich schon Anfang April geschrieben: http://rpcg.blogspot.de/2014/04/das-leben-ist-nicht-fairselbst-bei.html

    Das Spiel ist einfach nur schlecht, sorry, meine Meinung. Aber es gibt ja auch nun genug Alternativen. Die passendste und ähnlichste wäre wahrscheinlich Age of Conan, welches 1 Millionen mal mehr Spaß macht, mir jedenfalls.
    Da mir weder TESO noch Wildstar gefallen haben (habe beide in der Beta gespielt) habe ich mich dazu durch gerungen endlich mal SWToR auszuprobieren. Trotz Sci-Fi Setting und Star Wars hat mich das Spiel angenehm überrascht. Es macht durchaus Spaß, erinnert mich ein wenig an Neverwinter nur in besser. Wobei auch Neverwinter für ein paar Tage / Wochen bei Laune halten kann. Keine Spiele um darin alt zu werden aber was für Zwischendurch, wenn man mal keinen Bock auf seine Haupt-MMOs hat.

    Tatsächlich bin ich momentan dann doch lieber wieder zurück zu Guild Wars 2. Einfach mal ein paar Charaktere hochleveln. Und wenn mir das keinen Spaß mehr macht, dann habe ich immer noch Rift, das will ich auch unbedingt immer weiter spielen, komme aber aus Zeitgründen nicht dazu.

    Nein, ich brauche weder TESO noch Wildstar. Viel interessanter finde ich ArchAge und Black Desert – das sind die kommenden, die ich im Auge habe. Da ich aber eh nicht mehr jeden Tag zocke können mich auch meine gesammelten Altstars immer noch gut bei Laune halten.

    Sorry Bethesda / ZeniMax und NCSoft / Carbine für mich habt ihr den Hype, der um eure Titel gemacht wird nicht im entferntesten verdient!

    PS: Guild Wars 1 ist ein MMORPG, wer etwas anderes behauptet ist ein Phrasendrescher und Idiot, der keine Ahnung hat ;-P

    PPS: Die Grafik von Wildstar, zumindest in der Beta, war ein schlechter Scherz! So eine miese Performance habe ich noch nie erlebt, schon gar nicht bei einem Spiel, dessen Optik teilweise nicht mal an das zehn Jahre alte WoW herankommt, was eigentlich nur noch peinlich ist!

    • Edit: Was mir noch einfällt zum Artikel. So wenig Konkurrenz im MMO-Bereich gibt es auf Konsole gar nicht! Der Platzhirsch ist sicherlich Final Fantasy XIV. Aber es gibt ja auch noch z.B. das ältere DC Universe Online. Und dann stehen bereits Destiny, Planetside 2 oder Warframe in den Startlöchern.

      Das ist ja der Witz, Titel wie Skyrim sind für PC prädestiniert. Aber Bethesda denkt halt, die verkaufen auf Konsole mehr – Amis halt – weswegen sie Interface und Co. dafür entwickeln. Dabei ist der Performance ihrer Solo-RPGs auf Konsole schon absolut grausam. Wie wollen die das erst bei einem MMORPG wie TESO machen? Ich fürchte, die Grafik, die ja auch auf PC zwar okay aber nicht State of the Art ist, wird auf PS4 und XBox One noch einmal ordentlich runtergeschraubt.

    • Naja, wir haben hier bei Poly glücklicherweise nicht den Druck, dass unser Artikel zum Release erscheinen muss. Ich finde es schon wichtig, dass man gerade bei einem MMO abwarten sollte, wie es sich entwickelt. Hätte ich das Spiel nach meinen Eindrücken von der Beta beurteilt, wäre mein Urteil vernichtender ausgefallen. Gerade im Vergleich zum originellen und schönen GW 2 ist der Einstieg von TESO erstaunlich dröge. Letztendlich habe ich auch ein gute Elemente im Spiel gefunden.

      Zur Erfolgsaussicht auf Konsole: Ich meinte natürlich die “Nische” MMORPG. Deine genannten Shooter sehe ich deshalb nicht als Konkurrenz. FF XIV erscheint auch nur für die PS 4. Insofern ist der Markt an MMORPGs für die Next Gen sehr überschaubar. Da werden sich viele Konsoleros draufstürzen. Dabei finde ich interessant, dass Xbox One – Spieler monatliche Gebühren + Goldmitgliedschaft zahlen müssen, während PS 4-Spielern offensichtlich nur die Abogebühren “drohen”. Eine Umstellung auf F2P sehe im Gegensatz zu dir nicht. Sicherlich können die Spieler im Ingame-Shop einige Sachen kaufen, aber TESO ist (bis jetzt) keine Asia-Grinder. ;-)

      • Natürlich ist es besser, ein MMORPG für einige Zeit nach Release zu testen. Alleine damit man sehen kann, wie es im Alltagsbetrieb läuft und wie der Langzeitspaß wirklich ist. Wobei gerade letzteres eben doch sehr individuell bei jedem anders ist.

        Ich bin mir sicher, hätte ich TESO eine wirkliche Chance gegeben, dann hätte ich mich auch irgendwie mit Anfreunden können. Aber es ist halt nicht einmal auf einem Niveau mit Tera meiner Ansicht nach. Gerade eben auch, weil die Steuerung so unausgegoren ist und die “Geschichte” mir als Buchleser anders als beim dafür viel gescholtenem Oblivion / Skyrim einfach überhaupt nicht zusagt, was ja auch irgendwie lustig ist, wenn es nicht so traurig wäre.

        Also egal was TESO jetzt im “späteren” Spiel ab der vielleicht 15. bis 20. und mehr Spielstunde Spaß macht, da sind mir dann zu viele Kompromisse und zu viel Gewöhnung mit Dingen, die einfach nicht sein müssen bzw. dürfen in einem Spiel des Jahres 2014. Die Mischung aus Skyrim und MMORPG mit Konsolentauglichkeit haut halt an allen Ecken und Enden nicht hin. Als Solo RPG ist es mehrere Klassen unter Oblivion, als MMORPG ist es weit hinter der zweiten Liga der MMOs – Aion, Tera, Herr der Ringe Online – zurück und als Konsolenspiel … hmm es könnte seine Nische finden.

        Aber(!), du sprichst ja selbst das Bezahlmodell an. XBox One Spieler müssen doppelt löhnen, Playstation Zocker haben konsolentypischere Alternativen, halt eben FF XIV oder DC Universe. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mehr als Gelegenheits-MMOler so einen Titel auf Konsole spielen (wollen).

  2. Also kann man zusammenfassend sagen, dass es sich ähnlich wie Skyrim spielt und auch sehr gut geeignet ist für Solo Spieler?
    Bin Skyrim Fan aber kein MMORPG Fan, von daher gefällt mir das Review ^^

    • Danke. TESO ist in meinen Augen eher ein sehr, sehr umfangreicher DLC, als ein neues Skyrim. Du kannst die Story aber locker in einem Abo-Monat durchspielen. Allerdings fehlt dieser “epische Atem”, der “Skyrim” ausgezeichnet hat. Mein Tipp: Warte lieber auf eine echte Fortsetzung.

    • Es ist halt zwar ziemlich Solo-RPG mäßig, aber es ist halt dann auch eine völlig andere Liga, eine weitaus schlechtere Liga. Und wenn du es solo spielst, dann zerstören die anderen Spieler meiner Ansicht nach auch noch ziemlich die Immersion. Es passt halt alles nicht richtig zusammen.

      Wenn du ein MMORPG solo spielen willst, dann empfehle ich durchaus Guild Wars 2. Wie Teil 1 auch hat es eine durchspielbare Story mit Zwischensequenzen, was immer ein Novum in einem MMORPG war. Es lohnt sich sogar verschiedene Rassen zu spielen, weil sie sogar innerhalb der Rasse, je nach Vorauswahl, ziemlich anders ist und jede Rasse dann eben noch andere Startgebiete hat.

      Auch die oben von mir angesprochenen Star Wars Old Republik und Neverwinter haben inzwischen eine Story zum solo Durchspielen. Wie bei einem Solo-RPG lohnt sich das aber auch bei denen meist nur ein Mal.