Dresden/Stuttgart, 07.11.2013
AZ 4473/37
Betr.: Ihre Bewerbung als Spielentwickler für künftige AAA-Projekte v. 24.09.2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für Ihr Interesse an unserem Unternehmen und haben Ihre Bewerbung einer eingehenden Prüfung unterzogen. Aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen bitten wir die verspätete Antwort zu entschuldigen.
Bei Ihrem Spiel “Alien Rage” handelt es sich um einen so genannten First-Person- oder Ego-Shooter. Wie im Genre üblich, tritt hier ein muskelbepackter Elitesoldat mit einem großen Waffenpersonal gegen außerirdische Aggressoren, hier Vorus genannt, an. Das Szenario ist reizvoll und bis an den Rand gespickt mit kapitalismuskritischen Verweisen: Das Erdölvorkommen ist nahezu erschöpft und so macht sich die Menschheit auf die Suche nach Ersatz, indem sie andere Planeten ausbeutet. Dies bleibt natürlich nicht unbeobachtet, daher kommt es sinnbildlich zu einem brutalen Klassenkampf mit den bereits erwähnten Vorus.
Spielerisch entspricht das Spiel den Genrekonventionen und ähnelt vergleichbaren Vertretern, wie etwa “Bulletstorm” (Electronic Arts) oder “Vanquish” (Sega). Hier wie dort treffen wir auf ein temporeiches Spielgeschehen, das unsere Reflexe fordert. So kommt es darauf an, wie wir unserer Gegner ausschalten, mal per Headshots oder z. B. indem wir die Umgebung zerstören. Bei entsprechendem Erfolg werden sogenannte Upgrades freigeschaltet. Insgesamt erstreckt sich das Spielgeschehen auf rund zehn Stunden Spielzeit, was im oberen Genredrittel anzusetzen ist. Der dazugehörige Mehrspieler-Modus ist auf zwei Spielarten beschränkt und bietet wenig Abwechslung.
Ausgesprochen gut hat uns die technische Umsetzung gefallen, die uns durch gelungene Explosionseffekte überzeugt. Hiermit stehen Sie ganz in der Tradition des so genannten “Ostblock-Shooters” wie etwa “Hard Reset”. Leider zählt dazu auch die einfach strukturierte Intelligenz der Computer-Gegner. Allerdings wird dies durch Masse sowie Tempo ausgeglichen und fordert auf hohen Schwierigkeitsgraden selbst geübte Spieler. Im Hinblick auf zukünftige Konsolengenerationen befindet sich dies aber durchaus im genreüblichen Rahmen und fällt bei unserer Bewertung nicht ins Gewicht.
Wie bereits erwähnt überzeugt uns das Szenario, doch wir konnten trotz mehrmaliger Prüfung keine dramaturgische Entwicklung erkennen. Die Geschichte wird anhand der genreüblichen Audiologs erzählt und die Sprachausgabe beschränkt sich auf zynische Aussagen der Hauptfigur. Wir finden es schade, dass Sie Ihrer marxistisch-leninistischen Kapitalismus- und Konsumkritik zu wenig Platz einräumen. Anregung: Wie wäre es mit einem Interactive-Movie mit trendigen Quick-Time-Events wie etwa “Beyond” (Sony) oder einem Point-and-Click-Adventure im Stil von “Deponia” (Daedalic), verbunden mit einer lustig-bewegenden, aber dennoch scharf-pointierten Kritik an der Öko-Politik der Industriestaaten?
Zusammenfassend hat Ihre Bewerbung bei uns dennoch einen positiven Eindruck hinterlassen. Ihre technische Kompetenz steht außer Frage, allerdings sollten Sie im Hinblick auf Abschnittsdesign und spielerische Abwechslung Ihr Team erweitern.
Wir möchten Sie ermuntern, Ihren eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und werden uns zu gegebener Zeit wieder bei Ihnen melden.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Müller
Senior Manager HR / Polygamia.de
Ermunterung zur Kapitalismus-Kritik :-) Nach dem zweiten Absatz dachte ich schon, die Haltung müsste als Begründung für eine Ablehnung herhalten.