Normalerweise meckere ich ja über (vermeintlich) gute Spiele. Dieses Mal drehe ich den Spieß um und lobe ein offensichtlich mittelmäßiges Werk von EA. Habe ich eine andere Wahl? Ich mag „Need for Speed: The Run“. Trotz all der offensichtlichen Makel.
Ihr müsst wissen: Ich bin kein großer Rennspielfreak. Bei Simulationen wende ich mich grundsätzlich ab, einzige Ausnahme sind fordernde Rallye-Spiele. Aber mit simpler Arcade ohne Berücksichtigung von Reifenarten, Motorisierung, Luftwiederstand und diesem ganzen Quatsch können mich die Entwickler begeistern. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit „Out Run“ und später „Need for Speed“ an das interaktive Unterhaltungsmedium herangeführt wurde? Oder weil ich einfach viel zu oft bei den komplexen Mechanismen von „Formel 1“, „Forza“ und „Gran Turismo“ scheiterte? Eventuell ist es auch ein anderer Aspekt: Ich liebe es, in ein Auto einzusteigen und loszudüsen. Ich will die Gegend erkunden, mir schöne Landstriche anschauen, etwas erleben. Orte besuchen, die ich im realen Leben vielleicht niemals zu Gesicht bekomme. Ja, das faszinierte mich unter anderem bei „Test Drive Unlimited“ und zuletzt bei „Need for Speed: Hot Pursuit“. Und der Vollständigkeit halber: auch bei „Rallisport Challenge 1/2“ sowie „WRC 2“, das mir beiläufig erwähnt sogar recht gut gefiel. Beim neuesten „NfS“-Spross ist das nicht anders. In „The Run“ kutschiere ich 3000 Meilen von der Westküste der USA zur Ostküste. Von San Francisco nach New York. Und das in zirka vier, fünf Stunden? Toll, oder?
Ja! „Need for Speed: The Run“ nimmt mich mit auf eine Reise. Ich gucke in Las Vegas vorbei, kämpfe mitten in der Pampa bei Nacht um die Vorherrschaft auf der Straße, heize durchs Schneegestöber, lande in einer staubigen Wüste und durchquere ein weitläufiges Gebirge. Hier und da eine kleine Ortschaft, eine Tankstelle zum Wechseln des fahrbaren Untersatzes, eine Autobahn – und manchmal auch eine unbefestigte Landstraße parallel zum eigentlichen Weg. Ich habe keine Ahnung, inwiefern die Entwickler die Schauplätze den originalen Vorlagen nachempfanden. Ist mir auch egal. Denn was ich sehe, das gefällt mir. Sicher, die Frostbite 2-Engine nutzen die Macher nicht vollends, aber solange die Atmosphäre stimmt? Ich bestaune die Wälder und Gewässer, die kleinen Städte, die engen Kurven einen Berg hinauf. Und freue mich über den Ausblick und das ansehnlich präsentierte Hinterland, das ich mit meinem Boliden leider niemals erreichen kann. Ob ihr es glaubt oder nicht: Mich begeistert die hier suggerierte Realität so sehr, dass ich gewillt bin, früher oder später einmal New York zu erreichen. Als Erstplatzierter, versteht sich! Irgendwie hat das Spiel etwas von „Out Run“, oder?
Aber „Need for Speed: The Run“ macht es mir schwer. Das Geschehen ist stark gescriptet, die Gegner fahren immer nach dem gleichen Muster. Gummiband und so. Von einem echten Fahrgefühl kann nicht die Rede sein. Ich habe jedenfalls keine großen Unterschiede zwischen den verschiedenen Fahrzeugen feststellen können – abgesehen von der Höchstgeschwindigkeit. Ob ich nun auf Schnee oder Sand fahre, ist weitgehend egal. Die Handlung ist genauso bescheuert: Irgendein Stereotyp namens Jack muss die 3000 Meilen in Form eines illegalen Rennens überstehen, um seinen Namen wieder reinzuwaschen. Oder so ähnlich. Die Quick-Time-Events und visuell grausigen Zwischensequenzen hätten sich die Programmierer sparen können. Stattdessen wären sie gut beraten gewesen, hätten sie mehr Kreativität bei den Missionen bewiesen. Ständig müsst ihr 10 Gegner überholen, immer und immer wieder. Das ist monoton. Was mich wirklich mächtig ankotzt, das ist das Zurückspulen der Zeit. Leistet ihr euch einen Fahrfehler, blendet „The Run“ einen Button ein und katapultiert euch nach Wartezeiten zwischen fünf und 15 Sekunden zurück an einen wohl festgelegten Checkpoint. Das stört den Spielfluss ungemein und ist eine Qual – vor allem bei schwierigeren Herausforderungen. Apropos: Für geübte Rennspiel-Freunde ist „Need for Speed: The Run“ vermutlich zu simpel. Ich sitze an dem Titel schon seit einigen Wochen und bin noch nicht ganz durch. Dies ist übrigens eine weitere Stärke: Ich kann an einem Abend mal eine halbe Stunde rumcruisen, ohne dass ich wieder warm werden oder mich herein finden muss. Optimal für Gelegenheitsraser wie mich. Jede Art von Anspruch würde meine Freude am Fahren zerstören. Zum Glück hat „The Run“ nicht viel zu bieten. Den Mehrspielermodus vielleicht? Pah, interessiert mich nicht die Bohne. Autolog aus dem „Vorgänger“ ist wieder dabei, dummerweise spielt offenbar niemand meiner XBL-Freunde „The Run“. Bleib ich halt alleine und profitiere nicht von dem netten Feature, das mich bei „Hot Pursuit“ noch sehr anregte.
Mein Fazit? Es ist positiv! „Need for Speed: The Run“ ist ein spaßiger Casual-Rennspiel-Snack für die kleine Raserei in der Freizeit. Mir bietet der Titel unzählige Szenarien, welche meine Augen umgarnen. Bedauerlich, dass ich nicht hier und da mal aussteigen und die Umgebung erkunden kann. Sei’s drum. Da „The Run“ einerseits einfach gestrickt und andererseits visuell facettenreich ist, hält er meine Freude im grünen Bereich. Das Problem ist allerdings: Das Spiel kostet an die 50 Euro. Viel zu viel für die zahlreichen Macken, die lächerliche „Ich-wär-gern-so-cool-wie-ein-fast-and-furious-film“-Story und den technischen Durchschnitt.
Ich glaube ja, dass ich ähnlich denke wie Arne von Superlevel. Generation Fastfood-Gamer sozusagen. Wie er schätze ich den Minimalismus an „The Run“ – nur ich mehr aus dem Wunsch heraus, etwas von der „Natur“ zu sehen. Das Drumherum ist nur Mittel zum Zweck – oder so. Aber mal ehrlich: So viel Geld ausgeben für so wenig Substanz? Ein wenig schmerzt der Gedanke schon…
yay!
3 Stunden lang mochte ich NFS the Run auch, danach hatte ich es durch. Und das ist einfach zu wenig für ein angeblicher Tripple A Titel und den entsprechenden Preis.
Nichts anderes sage ich doch. :) Aber ich brauch bisher länger als 3h… :)