Das ist alles nur geklaut! „Hunted: Schmiede der Finsternis“ besitzt nur sehr wenige eigenständige Ideen! Klar, dies ist heutzutage keine Besonderheit, schließlich kostet Kreativität Zeit und Geld. Aber die Jungs und Mädels von inXile haben das Beste daraus gemacht und zumindest mir viel Spaß bereitet. Und das trotz technischer Unzulänglichkeiten dank der Unreal 3-Engine, die sich mit der PlayStation 3 sichtlich noch immer nicht besonders gut verträgt.
Rennen, rennen, rennen, Deckung nehmen! „Hunted: Die Schmiede der Finsternis“ schielt konzeptionell Richtung „Gears of War“. Aus der 3rd-Person-Sicht schlagt ihr euch den Weg frei, hetzt durch die düsteren Schauplätze – immer auf der Suche nach dem Ziel und neuen Gegnern. Fällt euch die Orientierung schwer, aktiviert ihr einen Lichtstrahl, der den Weg zum Ausgang darstellt. Das klingt ein wenig nach „Fable“? Das ist sicher kein Zufall, denn „Hunted“ orientiert sich offensichtlich an Lionsheads Serie. Die Kämpfe mit Waffen und Magie sind beispielsweise sehr simpel gehalten. Abgesehen vom taktischen Halten des Schildes in Verbindung mit schweren und schnellen Schlägen gibt es nicht viel zu beachten. Und sogar die Geschichten Verstorbener könnt ihr euch anhören und in Form einer Nebenmission für euch nutzen. Gab es das bei „Fable 2“ nicht auch schon? Hart genommen hält sich „Hunted“ an typische Action-Adventure- sowie Action-Rollenspiel- Konventionen, nur dass ihr ausnahmsweise eure beiden Helden nicht aufleveln könnt. In ihren Fähigkeiten verbessert ihr sie durch Kristalle, ein winziger Talentbaum sorgt für die nötige Übersicht.
Und sonst so? Die kooperativen Spielelemente, die sogar mit einem gelegentlichen Wechsel der beiden Helden verbunden ist, gab es in ähnlicher Form schon bei „Enslaved“ oder „Heavenly Sword“, angefangen bei Bogenschieß-Aufgaben, dem Benutzen von Katapulten oder dem Lösen recht simpler Rätsel, bei denen ihr die individuellen Fähigkeiten der Akteure berücksichtigt. Beide genannten Spiele besaßen übrigens auch eine außerordentliche Geschichte mit einem hervorragend ausgearbeiteten Fantasy-Universum – wie auch „Hunted“. Ach, und gruselig sowie erschreckend geben sich die Schauplätze, die mit „Darksiders“ entfernt verwandt sein könnten. Vielleicht eher „Clive Barker’s Jericho“? Oder, oder, oder?
Wo sind da die innovativen, einzigartigen Ideen? Ich finde, „Hunted: Schmiede der Finsternis“ verfügt kaum über nennenswerte sowie spielerisch relevante Alleinstellungsmerkmale. Und es stört mich nicht die Bohne. Gründe zu finden, ist nicht einfach, denn objektiv betrachtet fehlt es dem Titel an erfrischenden Aspekten, die ich in dieser Form noch nicht gesehen habe. Subjektiv gesehen ist es mir egal, solange der Spaßfaktor stimmt. Hauptverantwortlich für die gute Unterhaltung ist die Geschichte der beiden grundverschiedenen Söldner. Die hübsche, taffe Elfendame E’lara ist auf ihren Bogen spezialisiert, der sensible Glatzkopf-Krieger Caddoc schwingt vorzugsweise Schwerter und Knüppel. Sie werden durch vermeintliche Zufälle in einen Aufstand finsterer Gestalten konfrontiert. Diese sind emsig damit beschäftigt, Menschen gefangen zu nehmen, die ihre abscheuliche Königin irgendwo in tiefen Kerkern verspeisen möchte. Eine silberne Flüssigkeit schenkte den befremdlichen Kreaturen übermächtige Kräfte, was das Duo am eigenen Leib spürt. Und was zum Teufel bezweckt die mysteriöse Seraphine? Wie angedeutet: InXile schafft es, eine spannende und wirklich interessante Geschichte in dem fiktiven Universum Kala Moor zu erschaffen. Das echte Highlight sind die lockeren und meist amüsanten Kommentare, die E’lara ihrem Kollegen Caddoc an den Kopf wirft. Der hat Angst vor Insekten und ist trotz seines „Jobs“ ein ganz netter, älterer Typ. Lustige Sprüche, ironische Anspielungen, Situationskomik! Toll! Ich hätte nicht gedacht, dass ein Spiel durch die feine Ausgestaltung der Protagonisten und dem damit erzeugten „Profil“ enorm an Tiefe gewinnt. In diesem Fall macht es mir sehr viel Freude, den beiden zuzuhören und ihnen beim Erfüllen der Missionen behilflich zu sein. Sogar die deutsche Sprachausgabe ist gelungen, abgesehen von eins, zwei Samples, die unpassend sind.
Abseits des dramaturgisch einfachen, aber effektiven Kniffs ist „Hunted: Die Schmiede der Finsternis“ gar nicht so linear, wie es den Anschein hat. Ihr könnt optional andere Wege einschlagen und so Verstecke, zusätzliche Tötungsspielzeuge, schnöden Mammon oder wichtige Kristalle abstauben. Dazu löst ihr die etwas knackigeren Rätsel und setzt dabei gekonnt die Talente von E’lara und Caddoc ein. Habt ihr darauf keine Lust, folgt ihr strikt der Story, viele nette Schauplätze und Boni bleiben euch dann verwehrt. Außerdem könnt ihr dann getrost auf den Wechsel zu einem anderen Charakter verzichten, nüchtern betrachtet ist dieser für das Voranschreiten kaum nötig. Sowieso dürft ihr das nur an ausgewählten und von den Entwicklern fest vorgegebenen Stellen.
Was mir außerdem zusagt, das sind die Schauplätze. Dreckige Kerker, gruselige Wälder, zerstörte Dörfer – das alles gab’s schon unzählige Male in anderen Spielen zu sehen. Bei „Hunted“ aber sorgen sie in Kombination mit der Story für jede Menge Atmosphäre. Ihr wollt einfach ständig etwas Neues entdecken, und so pilgert ihr gerne weiter, kloppt nebenbei den Feinden den Brei aus der Birne und rüstet eure Magie- und Kampffähigkeiten auf. Dass der Arsenal an erlernbaren Talenten und aufsammelbaren Waffen überschaubar ist, begrüße ich. Nicht bei jedem Spiel habe ich Bock, mich stundenlang mit dem Horten von Items und dem Aufleveln zu beschäftigen. Bei „Hunted“ reduzierten die Designer die Rollenspiel-Elemente auf ein für mich sinnvolles Minimum. Es ist höchstens nervig, dass ihr nur sehr wenige Energietränke aufnehmen könnt und es eine halbe Ewigkeit dauert, bis ihr mehr als eine Waffe tragen dürft. Zusammen mit den alles andere als optimal verteilten Rücksetzpunkten mutiert „Hunted“ zu einem etwas unfairen Spiel, auch auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad. Mein Tipp: Setzt bevorzugt auf Caddoc, geizt nicht mit dem Verwenden des Schildes und beobachtet angreifende Gegner, in welchem Rhythmus sie zuhauen. Das bringt euch fast immer zum Erfolg, abgesehen von manch fiesen Schurken oder dickeren Bossen.
Vielleicht ist das Rauben bewährter Spielideen etwas plump, die eigentliche Würze, die die interaktive Suppe schmackhaft macht, ist und bleibt die Geschichte mit ihren Helden. Diese sorgt sogar dafür, dass ich mit den unzähligen Problemen der PlayStation 3 -Version leben kann. Grafisch zeigt sich die verwendete Unreal 3-Engine von ihrer hässlichen Seite: grobe Texturen, ständige Bildrateneinbrüche, sporadische Standbilder, ungenaue Kollisionsabfrage, später Aufbau der Hintergründe und so weiter. Was sich hier inXile geleistet hat, ist inakzeptabel. Im kooperativ spielbaren Mehrspielermodus an einer Konsole verkleinert sich sogar das Gezeigte durch einen dicken Rand, sodass der geteilte Bildschirm auch auf einem großen LCD winzig ist. Apropos: Entscheidet ihr euch für diese Spielart, müsst ihr eine noch hässlichere Grafik in Kauf nehmen. Online war bisher nichts los, bei meinem Testspiel klappte aber ein privates Match ganz gut.
Ich bedauere, dass die Designer die einzelnen Kapitel etwas zu lang strecken. Oftmals habt ihr das Gefühl, permanent durch ähnliche Gefilde zu wandern und die immer wiederkehrenden Widerlinge zu zerlegen – bis dann ein dicker Endgegner auftaucht oder so. Langatmig und etwas lästig – aber auf jeden Fall noch im Rahmen des Erträglichen.
Verbuggt, stellenweise zu monoton, altmodisch nerviges Speichersystem, relativ hoher Schwierigkeitsgrad, altbekannte sowie redundant eingesetzte Spielideen. Was keineswegs nach einem Kauftipp klingt, soll aber einer sein. Das dynamische Duo reißt mit flotten Sprüchen viel heraus, dazu gesellt sich eine reizende Handlung und jede Menge Action samt zwei Prisen Erkundung und Rätsel. Ich ärgere mich über Bethesda, denn als Publisher hätte man für einen nötigen Feinschliff sorgen müssen. Dann hätte „Hunted: Die Schmiede der Finsternis“ etwas Großes sein können. So ist es ein sympathischer und launiger Zeitvertreib, der übrigens mit einem stolzen Umfang daher kommt. Ich für meinen Teil hab das Spiel genossen, und das ist der entscheidende Punkt.